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Artikel: Fische in "roter Parallelwelt"

4. Oktober 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung

Meeresforscher Oberstaufener Diplom-Biologe schreibt Doktorarbeit über Sensation: floureszierende Flossentiere entdeckt

Von Veronika Krull |OberstaufenRecht unauffällig sehen sie aus, die Grundeln, Seenadeln oder auch die Dreistrahlenschleimfische. Das ändert sich schlagartig, wenn die wenige Zentimeter kleinen Korallenfische mit blauem Licht angestrahlt werden. "Dann tut sich völlig überraschend eine rote Parallelwelt auf", schwärmt Matthias Wucherer mit leuchtenden Augen. Der 28-jährige Diplom-Biologe aus Oberstaufen gehört zu dem internationalen Forschungsteam um den Tübinger Professor Dr. Nico Michiels, der als erster Wissenschaftler weltweit das Phänomen der fluoreszierenden Flossentiere entdeckt hat. Wucherer schreibt seine Doktorarbeit über die roten Fische.

Fauna und Flora begeistern den Doktoranden seit seiner Kindheit. Sein erstes Wort sei "Baum" gewesen, lächelt Wucherer, der als Ältester von drei Brüdern mit den Eltern viel in der Natur und in Zoologischen Gärten unterwegs war.

Natürlich entschied sich der Schüler des Gymnasiums Immenstadt für den Leistungskurs Biologie, und es gab für ihn nie einen Zweifel, "dass ich mal Bio studiere". Der nach eigenen Angaben heimatverbundene Studiosus entschied sich für die Uni Tübingen, die über "eine der besten Fakultäten im Fach Biologie" verfüge und gleichzeitig nicht gar so weit weg von Oberstaufen liegt.

An der Universität baute Wucherer, der schon mit zwölf Jahren ein Meeresaquarium besaß, die inzwischen 65 wassergefüllten Lebenswelten für Meerestiere mit auf und begab sich fleißig auf Exkursionen ans Rote Meer, um die Korallenriffe und seine Bewohner zu beobachten.

Den Tauchschein hatte der Rettungssanitäter beim Roten Kreuz schon mit 13, demnächst will er noch eine Ausbildung zum Rettungstaucher absolvieren. Auf einer der Exkursionen entdeckte sein Doktorvater Professor Michiels vor etwa einem Jahr per Zufall, wie das Riff in 15 Metern Tiefe plötzlich zu "glühen" begann. Michiels hatte sich eine rote Tauchmaske aufgesetzt, um festzustellen, ab welcher Tiefe die Farbe "rot" definitiv vom Wasser "geschluckt" wird.

Die Entdeckung gilt unter Meeresbiologen als sensationell: Bisher waren sie der Meinung, dass Rot - in zehn Metern Tiefe fast nicht mehr zu sehen - für Korallenfische keine Rolle spielt. Jetzt will Matthias Wucherer für seine Dissertation herausfinden, wie die leuchtende Rotfärbung zustande kommt und warum. Die Vermutung, so Wucherer, liegt nahe, dass die Rotfärbung für die Kommunikation eine Bedeutung hat. Denn die Fische "leuchten" unterschiedlich, bei den registrierten 50 Arten hat er sogar richtige Fluoreszenz-Muster bemerkt. "Es gibt einen Riesenberg von Fragen", freut sich der Oberstaufener Diplom-Biologe jetzt auf "richtige Forschung", wo man "völlig ins Ungewisse hineinstochert".

Nach Abschluss seiner Doktorarbeit möchte Matthias Wucherer gern in seine Allgäuer Heimat zurückkehren und sich hier als selbstständiger Biologe niederlassen. Dann kann er auch seinen anderen sportlichen Hobbys nachgehen: dem Skifahren und dem Bergsteigen. Für das Kraxeln hat er sein "Lebensziel" schon klar definiert: Er möchte alle Gipfel besteigen, die er vom Hochgrat aus sehen kann. Etwa 30 hat er schon geschafft.