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Falscher Pater nahm

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Falscher Pater nahm

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    die Beichte ab Lindauer Amtsgericht verurteilt Rentner zu Geldstrafe Von Siegfried Enzensberger Lindau Zu einer Geldstrafe von 1050 Euro ist ein Rentner (73) vom Amtsgericht Lindau verurteilt worden, weil er sich in der Kirche der Gebetsstätte Wigratzbad bei Opfenbach (Kreis Lindau) am 4. November 2000 als Priester ausgegeben und die Beichte abgenommen hatte. Die abgenommenen Beichten sind nach Auskunft eines katholischen Pfarrers laut Kirchenrecht ungültig.

    Der seinerzeit unter dem falschen Namen 'Pater Michael' aufgetretene Rentner aus dem Raum Friedrichshafen musste sich vor Gericht wegen Missbrauchs von Titeln, Berufsbezeichnungen und Abzeichen verantworten.

    Was der Psychiater in seinem Gutachten ­ vereinfacht formuliert ­ einen 'triebhaften narzistischen Genuss' am Priesterspielen nannte, war für den selbst ernannten Pater das 'Bedürfnis einer pastoralen Hilfe', wie er selbst sagte.

    Ohne ihn wäre die Gebetsstätte Wigratzbad vom Pilgerstrom überrollt worden, meinte er. Voll besetzte Busse aus Österreich, der Schweiz und Süddeutschland hätten ihn erbarmt, dem überlasteten Geistlichen beizustehen, erklärte der Angeklagte: 'Ich wollte mich der offenkundigen Personalnot nicht verweigern, dabei war ich von der Reise müde genug und hätte lieber geschlafen', erklärte er vor Gericht. Entschieden wehrte er sich gegen den Vorwurf, die Gläubigen hinters Licht geführt zu haben.

    Erschienen war der 73-Jährige vor dem Kadi in einer priesterähnlichen Garderobe: Schwarze Hose, schwarzes Jackett, schwarzer Pullover und weißer Halskragen, dazu ein Kreuz am Revers.

    'Ich musste davon ausgehen, dass es sich um einen echten Priester handelte', sagte der Direktor der Gebetsstätte. An jenem Nachmittag habe ein Mann in Priesterkleidung vorgesprochen, der sich 'Pater Michael' nannte und sich als Missionar in Simbabwe ausgab. Er sei ein guter Bekannter des früheren Leiters der Gebetsstätte gewesen, habe der um ein Nachtquartier bittende Besucher versichert und sich im Gespräch äußerst versiert im Kirchenrecht gezeigt.

    Diese Einschätzung teilte das Gericht mit Blick auf den früheren Beruf des heute von Sozialhilfe lebenden Rentners, der einst als Kirchenhistoriker tätig war.

    'Klösterliche Anredeform'

    'Die Bezeichnung Pater ist kein gesetzlich geschützter Titel, sondern eine klösterliche Anredeform', korrigierte der Angeklagte. 'Auch der Missionar entbehrt jeglichen Titelanspruchs.' Der Amtsrichter kämpfte sich derweil durch den Wust der Vorstrafen, die sich nicht wie ein Hirtenbrief lasen. 'Wollen Sie zu Ihren diversen Priesterweihen etwas sagen?', ermunterte der Richter den Angeklagten eingedenk des Sammelsuriums seelsorgerischer Amtshandlungen.

    Die Hoffnung um Nachsicht des Angeklagten erfüllte sich insoweit, dass die Abnahme der Beichten und eine Weihwasser-Weihe strafrechtlich als nicht relevant eingestuft wurden. Diesbezüglich hätten die Kontrollmechanismen der Kirche nicht funktioniert. Anders verhalte es sich mit der priesterähnlichen Kleidung und dem bewusst auf Täuschung angelegten Gesamteindruck.

    Insofern erachte das Gericht eine Geldstrafe von 1050 Euro ­ das entspricht 70 Tagessätzen zu je 15 Euro ­ für tat- und schuldangemessen.

    Der 73-jährige Rentner legte Berufung gegen das Urteil ein.

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