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Fälle mitunter "wie im Krimi"

Kaufbeuren

Fälle mitunter "wie im Krimi"

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    Ob er einem Betrüger im Urteil eine "gnadenlose Abräumaktion" attestierte oder die Ausflüchte eines Schlägers als "Wischi-Waschi-Geständnis" durchschaute: Richter Peter Müller (63) war und ist ein Freund des offenen Wortes und griffiger Formulierungen, ohne dabei jedoch Fairness und Menschlichkeit aus den Augen zu verlieren. Nach mehr als 32 Jahren Tätigkeit für die Strafjustiz, davon 27 Jahre als Richter am Kaufbeurer Amtsgericht, geht der verheiratete Familienvater nun Ende des Monats in den Ruhestand.

    Geboren in Eichenhofen bei Günzburg, verbrachte Peter Müller seine Kindheit und Jugend in Kaufbeuren. Nach Bundeswehrzeit und Jurastudium in München war er zunächst für das Bundesjustizministerium in Bonn tätig und kam dann "wunschgemäß" zur Staatsanwaltschaft in Kempten. Seit Juli 1983 war er - "ebenfalls wunschgemäß" - Strafrichter am Amtsgericht und lange Jahre auch Vorsitzender des Kaufbeurer Schöffengerichts.

    Peter Müllers berufliches Resümee fällt im AZ-Gespräch durchwegs positiv aus: "Für mich war es ein Glück, so lange im Strafrecht tätig gewesen zu sein." Anders als im doch eher trockenen Zivil- und Verwaltungsrecht gehe es bei der Strafjustiz mehr "um das wahre Leben", das sich mitunter "wie ein Krimi" präsentiert habe.

    Unvergesslich der Fall der sogenannten "Nigeria-Connection": Einige Ostallgäuer fielen in den 1990er Jahren auf irrwitzige Renditeversprechen afrikanischer Kontaktleute herein und setzten erhebliche Summen in den Sand, wobei einer der "Investoren" seinerseits mehrere Kleinanleger betrogen hatte und sich dafür vor dem Schöffengericht verantworten musste. Mit dem Geld wollte man damals eine Chemikalie kaufen, mit der angeblich geschwärzte Dollar-Millionen gewaschen werden sollten - "und zwar im wahrsten Sinne des Wortes", wie sich Müller schmunzelnd erinnert. Der Geldregen habe naturgemäß auf sich warten lassen, was die Betroffenen teilweise nicht daran hinderte, noch Jahre danach auf einen Erfolg zu hoffen.

    Strafprozesse wie dieser zählten eindeutig zu den heiteren Episoden im Berufsleben des Richters - ganz anders als der Fall eines Serienbetrügers, der nicht einmal davor zurückgeschreckt war, seinen schwerkranken Bruder um mehr als 200000 Mark zu prellen. Als Vorsitzender des Schöffengerichts verdonnerte Müller den Mann zu drei Jahren Haft. Wenn er von der Schuld eines Angeklagten überzeugt war, so der Richter, dann habe er "auch nach harten Urteilen nicht schlecht geschlafen." Genau wie nach Freisprüchen aus Beweismangel: "Wenn ich nicht überzeugt bin, muss ich lieber einen möglichen Schuldigen laufen lassen, als dass ich einen Unschuldigen verurteile." Dass sich mancher Angeklagte trotz Schuldspruchs nicht ungern an Müller erinnert, zeigt das Beispiel eines wegen Betrugs verurteilten Kaufbeurers.

    Der Mann, der den Richter aus der Haft noch mit "zahlreichen Eingaben überschüttet" hatte, hielt Jahre später auf offener Straße plötzlich sein Auto neben ihm an und bedankte sich für "den Weg zur Umkehr". (bbm)

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