Hans Kammerlander steht auf dem Dach der Welt. Alleine. Nach 16 Stunden und 40 Minuten Aufstieg zum Mount Everest schnallt er die Skier an und fährt 1996 als erster Mensch die Nordwand des höchsten Berges der Erde hinab: "Das war der stärkste Augenblick meines Lebens." Unter dem Titel "Bergsüchtig" erzählte der Extrembergsteiger und -skifahrer von Momenten wie diesem und faszinierte dabei die rund 300 Besucher des Lindenberger Löwensaals. Der Vortrag fand im Rahmen der 125-Jahr-Feier der Stadtsparkasse statt.
Etwa 2500 Klettertouren, davon rund 50 Erstbegehungen, 60 Alleinbegehungen großer Alpenwände, Überschreitung und Besteigung von 13 Achtausendern, darunter der Nanga Parbat in Pakistan. Die Chronologie der Erfolge Kammerlanders lässt nicht daran zweifeln, dass der Südtiroler "Berge im Blut" habe, wie einmal über ihn gesagt wurde.
Sein erster Aufstieg liest sich wie der Beginn eines Mythos: Als Achtjähriger folgte Kammerlander, 1956 im kleinen Bergdorf Ahornach geboren, heimlich einem Touristenpaar auf den Gipfel des Großen Moosstock (3059 Meter). Damals dachte er, "hinter den Dolomiten hört die Welt auf" - und ahnte noch nicht, wie weit und vor allem wie hoch er noch kommen sollte. Reinhold Messner führte ihn 1983 erstmals nach Nepal zur Begehung des 8202 Meter hohen Cho Oyu.
In 75 Minuten erzählte der Bergsteiger von risikoreichen Touren im kombinierten Fels-Eis-Gelände, von steilen Hängen, atemberaubenden Begehungen, aber auch: Begegnungen. "Irgendwann fängt man an, nicht mehr nur Wände und Gipfel zu sehen, sondern auch die Menschen und die Kultur am Fuße des Berges." Für Hans Kammerlander sind die Berge wie ein Fieber, das ihn Meter um Meter einhüllt.
Doch bei aller Euphorie bewahrt er auch ein Stück kritische Distanz zu sich selbst. Zwischen Höhenmetern und Erfolgen erinnerte er immer wieder an die extremen Gefahren oder auch an eigenes Scheitern.
Kammerlander würzte seine Erzählung mit humorvollen Anekdoten ("Ich musste einmal ein Zelt von Österreichern klauen - die hatten zwei"), er sprach aber auch von den tödlichen Abstürzen zweier Bergsteigerkollegen. Die ständige Steigerung des Schwierigkeitsgrades aber habe er inzwischen hinter sich gelassen, sagt der 54-Jährige, und widme sich nun den jeweils zweithöchsten Bergen aller sieben Kontinente, darunter die in zwei Wochen geplante Tour auf den Mount Tyree (4852 Meter) in der Antarktis.
Viele Besucher kannten Kammerlander bereits von früheren Vorträgen oder von seinen Büchern über das Bergsteigen. Sie nahmen die Gelegenheit gerne wahr, sich weitere - signierte - Bände mitzunehmen.