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Europaweiter Streik der Bauern?

Sulzberg/Oberallgäu

Europaweiter Streik der Bauern?

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    Europaweiter  Streik der Bauern?
    Europaweiter Streik der Bauern? Foto: jÜrgen schuh

    Mehr als 420 Milchbauern drängten sich in den Saal im Sulzberg "Hirsch", um Landwirtschaftsstaatssekretär Dr. Gerd Müller und den Bundesvorsitzenden Deutscher Milchviehhalter (BDM), Romuald Schaber, zum Tiefstand der Milchpreise zu hören. Schaber kündigte für April europaweite Aktionen der Milchbauern an, die sich in ganz Europa in einer brenzligen Situation befänden. Sollten die nicht greifen, schließt er einen "europäischen Milchstreik" nicht aus.

    Für politische Antworten auf die Zukunftsängste der Milchbauern war Landwirtschaftsstaatssekretär Dr. Gerd Müller zuständig. Er setzte sich ausführlich mit dem Konzept des BDM auseinander, der die 2015 auslaufende Milchquote in modifizierter Form weiterführen möchte. Die vorgeschlagene Flexibilisierung der europäischen Milchmenge verstoße gegen gültiges EU-Recht. "Nur in einem rechtlich zulässigen Rahmen und unter Berücksichtigung von politischen Mehrheitsverhältnissen sowohl auf nationaler wie auch europäischer Ebene kann Politik im Sinne der Milcherzeuger gestaltet werden", erklärte Müller.

    Schelte für Molkereien

    Lediglich eine Änderung des deutschen Kartellrechts stellte der Staatssekretär in Aussicht, damit die Erzeuger künftig mit den übrigen Marktpartnern auf Augenhöhe verhandeln können. Schelte bekamen die Molkereien ab, die sich fragen sollten, "welchen Beitrag sie für einen kostendeckenden Milchpreis leisten." Letztlich könnten die auch mit einem Milchpreis von 20 Cent leben. Aber: "Ohne Milchbauern wird es in der Region auch keine Molkereien geben", polterte der Staatssekretär. Im Übrigen setzt Dr. Müller auf das Prinzip Hoffnung: "Die Talsohle ist erreicht."

    Der BDM-Bundesvorsitzende Romuald Schaber sieht überall in Europa eine vergleichbar brenzlige Situation der Milchbauern. Falls es zu einem "europäischen Milchstreik" kommen sollte, würde man die Zeit vor den Europawahlen im Juni nutzen. "Wir wählen gern konservativ - dazu brauchen wir einen Vertrauensbeweis." BDM-Kreisvorsitzender Andreas Steidele ergänzt: "Wir erwarten, dass nicht nur die Milchbauern kämpfen, sondern auch die Politik. Wir wollen vor der Wahl wissen, was Sache ist."

    Martin Kugler vom Bundesvorstand des BDM blieb der Part, die Vorstellungen seines Verbands zu "Wegen aus der Krise" noch einmal darzustellen. Er sieht in der Flut an Vorschlägen und Handlungsoptionen "keinen Königsweg", der dem Milchmarkt nachhaltig aus der Krise helfen könne. So würden Exporterstattungen Gegenreaktionen anderer Länder hervorrufen und letztlich die Probleme nur zeitlich nach hinten verschieben.

    Mut machte Kugler mit Sätzen wie "Recht ist kein Naturgesetz" oder "wir müssen um neue Mehrheiten kämpfen."

    Letzten Endes könnte es auf Lösungen herauslaufen, wie sie Professor Dr. Mathias Binswanger, namhafter Schweizer Volkswirt, auf einem Symposium "Zukunft Milch" jüngst in Berlin verkündete und die der Versammlung in Filmausschnitten vermittelt wurden. "Der Erhalt der Landwirtschaft ist eine politische, keine ökonomische Entscheidung." Die Landwirte befänden sich in einer "Tretmühle", in der sie auf immer mehr Effizienz getrimmt würden. "Das Ergebnis kann nur eine Landwirtschaft sein, die keinem mehr Freude macht." Am Ende stehe kein freier Bauer, sondern "die Befreiung ganzer Regionen von ihren Bauern."

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