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Es war a guete Zeit, trotz mancher Katastrophen

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Es war a guete Zeit, trotz mancher Katastrophen

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    Es war a guete Zeit, trotz mancher Katastrophen
    Es war a guete Zeit, trotz mancher Katastrophen Foto: Julian Schmeißer

    Von Christine Rothauscher|Oy-MittelbergEr bewirtschaftete von Jugend an den Heimathof. Als Hobby-Poet hat er bis heute vier Gedichtbände im Allgäuer Dialekt geschrieben, sich als Gemeinderat und Beauftragter der Flurbereinigung jahrzehntelang ehrenamtlich für die Gemeinde Oy-Mittelberg eingesetzt: Alfons Zobel. Jetzt feierte der humorvolle Oberallgäuer seinen 80. Geburtstag. Wie seine Lebensphilosophie lautet? 'Kraft suchen, Kraft finden, Kraft geben.'

    Heimat. Bei dem Wort bekommen seine blauen Augen einen sanften Glanz. 'Meine Wurzeln sind hier und sie bleiben hier.' Auf fast 1000 Höhenmetern liegt dieses 'Hier', das den Ortsnamen Haag trägt. Bauernhäuser ziehen sich an dem schmalen Durchgangssträßchen entlang und der Blick geht weit hinüber über den Rottachberg, den Grünten und die Voralpenlandschaft. Hier ist Alfons Zobel zusammen mit vier Geschwistern aufgewachsen, ist im Oyer Ortsteil Mittelberg zur Schule gegangen und als 1939 zu Beginn des Zweiten Weltkrieges seine drei älteren Brüder die Soldatenuniform anziehen mussten, hat er als 14-Jähriger zusammen mit seinen Eltern die zehn Kühe versorgt und - ohne Maschinen - die steil abfallenden Hangwiesen bewirtschaftet. 'An eine berufliche Lehre war gar nicht zu denken', sinniert er im Rückblick.

    In amerikanischer Gefangenschaft

    Ein Jahr vor Kriegsende wurde der 17-jährige Bauernsohn dann ebenfalls eingezogen, musste in unterirdischen Stollen arbeiten und kam nach Kriegsende in amerikanische Gefangenschaft. 'Nach einem Jahr durfte ich, bis auf die Knochen abgemagert aber glücklich, meinen 18. Geburtstag zu Hause am Stubentisch feiern.'

    Am 'Stubentisch' unterm Herrgottswinkel sitzt er an seinem 80. Geburtstag auch. Der graumelierte Senior ist einer, der einfach nur sitzt, ohne Spur von Ungeduld, ohne auf das Klingeln des Telefons zu reagieren. Stattdessen liest er aus seinen Lebenserinnerungen vor und manchmal, wenn er davon erzählt, wie seine Ehefrau Josefa als Bäuerin in den Heimathof eingezogen ist, wie seine Familie um zwei Kinder gewachsen ist, wie inzwischen fünf Enkel dazugekommen sind, kräuseln sich die feinen Lachfältchen in seinem markanten Gesicht. 'Es war a guete Zeit, trotz mancher Katastrophen und i hab’ glernt: It jammre, sondern durchhalte, es goat allat weiter.' Vor mehr als 20 Jahren schon ging seine Josefa von dieser Welt.

    Ehrenämter vermehrten sich

    Seine tiefen waagrechten Falten auf der hohen Stirn werden noch ein wenig tiefer, als er erzählt, wie sich seine diversen Ehrenämter 'vermehrten': Eltern- und Pfarrgemeindebeirat, parteiloser Gemeinderat (24 Jahre), Zweiter Bürgermeister und über zwei Jahrzehnte in der Flurbereinigung. 'Des alles nebeneinand hoat mi viel Zeit und Knochenarbeit kost.' Kein Zweifel, wenn man weiß, dass die Anlage des Rottachsees, der Schulausbau, die Kanalisation samt Kläranlage in seine ehrenamtliche Amtszeit fielen. Freilich habe er dadurch auch soziales Denken, Weitblick und offenes Verhalten gelernt.

    Ja und all diese Erlebnisse und Erfahrungen hat der g’standene Oberallgäuer schließlich als besinnliche und heitere Gedichte und 'Gschichtle' in seinen vielgelesenen Versbüchlein niedergeschrieben. Zudem schreibt Zobel in einer landwirtschaftlichen Monatszeitschrift kritisch-humorige Kommentare.

    Was sich der umtriebige 'Achtziger' für die Zukunft wünscht? 'Des, was mir scho immer gholfe hoat', sinniert er, 'a guets Verhältnis mit unserem Herrgott'.

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