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Artikel: "Es machen einfach alle"

19. November 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung

Polizei Fahnder Rainer Schubert ist flüchtigen Autofahrern auf der Spur

Von Teresa Winter |MemmingenDie Parklücke ist eng. Aber es müsste reichen. Dann passiert es doch: ein dumpfer Stoß, splitternde Scheinwerfer und eine große Delle am angefahrenen Auto. "Niemand hat etwas gesehen - also nichts wie weg", denken sich nicht selten Autofahrer und flüchten vom Unfallort. So geht Fahnder Rainer Schubert die Arbeit nie aus. Er ist seit 1993 im Bereich der Polizeiinspektion Memmingen und der Autobahnpolizei für die Aufklärung von Unfallfluchten zuständig. "Meine Arbeit ähnelt oftmals einem komplizierten Puzzlespiel", sagt der 57-Jährige.

278 Unfallfluchten sind heuer von Januar bis Oktober im Memminger Bereich angezeigt worden. Im Landkreis Unterallgäu waren es im selben Zeitraum 313. "Die Zahl der Fluchten hat sich in den letzten Jahren nicht gravierend erhöht", fährt Schubert fort. Im vergangenen Jahr seien es 259 in Memmingen und 300 im Unterallgäu gewesen. Die Aufklärungsquote liegt bei etwa 40 Prozent. "Hauptsächlich werden parkende Autos angefahren, aber auch im fließenden Verkehr kommen Fluchten vor."

Schlimmer Fall

Schubert erinnert sich an einen schlimmen Fall: "Ein Rentner hat die Vorfahrt missachtet und beim Überqueren einer Hauptstraße einen Motorradfahrer lebensgefährlich verletzt. Er ist einfach weiter gefahren. Aber wir haben ihn nach kurzer Zeit ausfindig gemacht."

In der Regel beginnt seine Arbeit mit der Besichtigung der Unfallstelle. Es werden Spuren wie Glassplitter und Fahrzeugteile eingesammelt und Zeugen befragt. "Es ist wichtig, dass die Leute nicht wegschauen, sondern die Tat melden", betont Schubert. Im Büro sucht er nach Produktionsnummern auf den eingesammelten Einzelteilen und fahndet mit Hilfe von Datenbanken nach den möglichen Fahrzeugmodellen.

Oft Glückssache

Außenspiegel, Plastikleisten und Teile von Blinkern liegen auf seinem Schreibtisch. "Einzelne Scherben bringen aber meistens nicht sehr viel, da dort die Herstellernummer fehlt", betont der 58-Jährige. Dagegen führten Lack-Spuren oft zum Täter. "Hier kann das Landeskriminalamt genaue Auswertungen vornehmen, so dass die Lackteilchen einer Automarke zugeordnet werden können", sagt Schubert.

Gleichzeitig weist er darauf hin, "dass bei Autobahndelikten die Klärung einer Flucht oftmals Glückssache ist." Denn die Fahrer können theoretisch aus der ganzen Welt kommen.

Oft würde die Angst vor steigenden Versicherungsbeiträgen oder das Fahren unter Alkoholeinfluss zur Tat führen. Immer größer werde die Zahl der vorgetäuschten Fluchten. "Zwei bis dreimal im Monat habe ich ein solches Delikt auf dem Tisch." Denn oft seien es Kinder, Partner oder Mietwagenfahrer, die sich nicht trauen, selbst verschuldete Dellen dem Fahrzeughalter zu gestehen. Zudem seien flüchtige Autofahrer in jeder Altersgruppe und in jeder sozialen Schicht zu finden. "Es machen einfach alle."