Wirtschaft Die Milchpreisentwicklung macht den Bauern zu schaffen - Bauernverband und Bund deutscher Milchviehhalter uneins">

Artikel: "Es kommen harte Zeiten auf die Landwirte zu"

18. November 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung

Wirtschaft Die Milchpreisentwicklung macht den Bauern zu schaffen - Bauernverband und Bund deutscher Milchviehhalter uneins

Buchloe/Ostallgäu | fro | "Die Situation ist nicht gut. Die Milchpreise sind im freien Fall", sagt Thomas Kölbl, Geschäftsstellenleiter des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) Ostallgäu. "Auf die Landwirte kommen harte Zeiten zu", meint auch Engelbert Vogler, Ostallgäuer Kreisvorsitzender des Bundes Deutscher Milchviehhalter (BDM).

Die Lage der Landwirte sehen beide gleich, doch bei den Ursachen und Konsequenzen sind sich die Funktionäre uneinig.

Derzeit können Verbraucher in einigen Discountern für nur 49 Cent einen Liter Milch kaufen. Den Landwirten werden von den Molkereien etwas über 30 Cent bezahlt. Das ist für Bauern und Verbände ein Affront: 40 Cent pro Kilo fordert der BDM. Das sei notwendig, um den Milchviehhaltern das Überleben zu sichern. Nach dem Milchlieferstreik im Frühsommer stieg der Preis tatsächlich kurzzeitig so hoch, um nun wieder zu fallen.

Eine Ursache sieht Vogler in der Entscheidung der EU, die Milchquote um zwei Prozent zu erhöhen. Zudem sei ein Beschluss des Bundesrats "enttäuschend", so Vogler. Dabei wurde der "Umrechnungsfaktor" beibehalten: Ein Liter Milch wird demnach weiterhin mit 1,02 Kilo abgerechnet. "In der EU sind sonst 1,03 Kilo üblich. Der Bauer verschenkt 0,01 Kilo seiner Milch pro Liter", rechnet der Kreisvorsitzende vor.

Zudem behielt der Bundesrat die "Bundes- und Molkerei-Saldierung" bei: Jeder Einzelstaat oder jede Molkerei hat eine begrenzte Anlieferungsmenge Milch zur Verfügung. Wird diese unterschritten, so darf jeder Milcherzeuger zusätzlich liefern. "Das wollen wir nicht. Ohne die Saldierung wären fünf Prozent weniger Milch auf dem Markt", erklärt Vogler.

Stattdessen werde durch Saldierung und Quote der Milchmarkt überschwemmt: "Dadurch werden die Investitionen zurückgehen und Arbeitsplätze gefährdet." Dafür stehe auch der BBV in der Verantwortung, da er den Beschluss befürworte, so Vogler.

"Wir sind nicht deren Prügelknaben", hält Kölbl dagegen. Die Abschaffung der Saldierung sei ohne europäische Lösung nicht sinnvoll, da sonst die Bauern aus den Nachbarländern Milch lieferten. Zumal momentan die Quotenauslastung nur bei 95 Prozent liege. "Die Mengenbegrenzung in Deutschland verliert ihre Wirkung wegen des offenen Marktes. Und der ist nicht vorhersehbar", meint Kölbl. Vielmehr sollte die Politik den Milchexport in Nicht-EU-Länder fördern.

Zudem gebe es auch einen Konsumrückgang von rund zehn Prozent, während der Lebensmitteleinzelhandel seine Position schamlos ausnutze und die Milchpreise gesenkt habe.

Über weitere Schritte will der BDM nun beraten. "Wir werden dann mit Sicherheit Aktionen wie Demonstrationen, Plakate oder einen Streik starten", kündigt Vogler an. Dass etwas passieren müsse, meint auch Kölbl. Eine Aktion wie das "Haberfeldtreiben" in Ruhstorf gegen den Präsidenten des Bauernverbands, Gerd Sonnleitner, hält er jedoch nicht für das richtige Mittel. "Die emotionale Diskussion verstellt den Blick auf die Sache", sagt er. Nicht eine Person dürfe hier im Vordergrund stehen, sondern sachliche Lösungsvorschläge. "Es bringt nichts, wenn sich die Bauern gegenseitig zerfleischen", so Kölbl.