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Es heißt Schuhmacher, nicht Schuster! Herbert Kunert aus Kempten liebt seinen Beruf

Handwerk

Es heißt Schuhmacher, nicht Schuster! Herbert Kunert aus Kempten liebt seinen Beruf

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    Es heißt Schuhmacher, nicht Schuster! Herbert Kunert aus Kempten liebt seinen Beruf
    Es heißt Schuhmacher, nicht Schuster! Herbert Kunert aus Kempten liebt seinen Beruf Foto: Anna Hatt

    Die Glocke läutet, wenn man die kleine, gemütliche Werkstatt von Schuhmacher Herbert Kunert (55) am Kemptener Haubenschloss betritt. Es riecht nach Leder, so wie früher, beim Besuch im Schuhhaus um die Ecke.

    "Allein schon das Herkommen in meine schöne, helle Werkstatt macht mir Spaß. Ich kann vor mich hinarbeiten, in mich gehen - meine Arbeit ist fast schon spirituell", sagt er.

    1977 bei der Berufsberatung: Der Anfang

    Das Arbeitsamt und deren dickes Buch "Beruf aktuell" spielen in Herbert Kunerts Geschichte die entscheidende Rolle. Nach dem Durchblättern und der anschließenden Verkündung seines Berufswunsches waren zwei Personen besonders erstaunt. Herberts Mutter, denn "Das hat mein Opa schon gemacht!" - und der Mann von der Berufsberatung. Dieser war total begeistert, denn er hatte noch nie jemanden, der diesen Beruf erlernen wollte. "Daher hat er gleich alle Hebel in Bewegung gesetzt, damit ich die passende Lehrstelle bekomme", erinnert sich Kunert.

    In seinen 30 Jahren Berufserfahrung durchläuft Herbert Kunert verschiedene Stationen: Er macht sich als 22-Jähriger selbstständig, konzentriert sich erst ausschließlich auf Reparatur und landet anschließend im Schuhverkauf. Dann nach langen Jahren in der Schuhbranche der vorläufige Berufswechsel: Drei Jahre lang arbeitet er als Leiter eines Fitnessstudios. Vor etwa einem Jahr merkt er dann, dass er von Herzen Handwerker ist.

    In der Schuhmacher-Werkstatt: Wie die Sohle zum Schuh kommt

    Am 1. Juni 2016 eröffnet er seine Werkstatt "Der Schuhmacher" in der Goethestraße in Kempten. "Hier in der Werkstatt mache ich alle Reparaturen, die bei einem Schuh anfallen: Besohlungen, Absätze beziehen oder besohlen. Aber auch Näharbeiten an Schuhen oder Rucksäcken sind dabei."

    Echtes Handwerk am Beispiel Wanderschuh-Reparatur: Herbert Kunert schleift die Sohle ab mithilfe einer Bandsäge und einer großen Schleifmaschine. Anhand des verwendeten Schuh- und Sohlenmaterials wählt er den Kleber aus. Nachdem der Kleber aufgetragen und getrocknet ist, verbindet eine große Presse mit vier Bar Druck die neue Sohle mit dem Schuh.

    Am nächsten Tag kommt der sogenannte Ausputz. Kunert schleift die überstehende Sohle rund und passt sie dem Schuh an. Nach dem Polieren und Imprägnieren kann der Kunde den Schuh abholen. "Im besten Fall mit einem großen Lächeln", wünscht sich Kunert.

    Ein ausgestorbener Beruf?

    Im Schuhdiscount bekommt man Wanderschuhe teilweise schon für unter 40 Euro. Das sind die Schuhe, die Herbert Kunert nicht repariert. Lohnt sich nicht, kommt aber auch nur selten vor, dass jemand danach fragt. "Die Leute, die zu mir kommen, denken durchaus nachhaltig. Sie kaufen sich nicht das billigste und lassen sich ihre Sachen gerne richten." Der Schuhmacher ist immer noch wichtig. Nicht für die Käufer von Massenware, aber zum Beispiel für Wanderfreunde mit Sinn (und Geld) für Qualitätsschuhe.

    So erst vor drei Wochen: An dem Schuh war keine Sohle mehr vorhanden. Zwischensohle, Laufsohle und Oberleder musste Kunert erneuern und zusammengeflicken. Die 80 Euro für die Komplett-Reparatur haben den Kunden nicht abgehalten, denn es sei sein absoluter Lieblingsschuh gewesen.

    Herbert Kunert setzt sich mit seiner selbst entworfenen Leder-Schürze an die alte Pfaff Nähmaschine und verpasst einem Wanderschuh den letzten Schliff. Warum keine moderne Maschine? Vielleicht eine mit elektrischem Antrieb und Design aus dem neuen Jahrtausend? "Mit dieser Maschine habe ich mehr Gefühl. Die dapp i no mit de Füße", lacht er. Die elektrische Schleifmaschine dagegen ist relativ neu. Tradition und Moderne auch im Handwerkszeug.

    Anmerkung der all-in.de-Redaktion: Das Sprichwort "Der Schuster hat die schlechtesten Schuhe" trifft in Herbert Kunerts Fall nicht zu.

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