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Es hätte mehr sein können

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Es hätte mehr sein können

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    Von Peter Steinbach, Marktoberdorf - Historien- und Revolutionsopern waren beim Pariser Publikum des 19. Jahrhunderts sehr beliebt. Als Franz Liszt für seinen Kompositionskollegen Camille Saint-Sa&po_145;ns dessen einzig erfolgreiche Oper 'Samson und Dalila' in Weimar zur Uraufführung brachte, ging dieser Trend zwar schon seinem Ende entgegen, aber nach jahrelangem Zögern erkannten die Pariser dann doch das Meisterwerk an und so ist es bis heute geblieben. Die Staatsoper Kharkov nahm sich dem bei uns wenig gespielten Werk an und eröffnete damit im Modeon die neue Theater- und Konzertsaison. Obwohl musikalische Eindrücke letztlich immer eine Frage persönlicher Empfindung sind, das Verblassen dieses Opernsterns auf deutschen Bühnen muss einen Grund haben. Vielleicht fehlt uns das Romanische in unserer Wesensart, um die Lyrik dieser durch und durch französischen Oper voll zu empfinden. Populär ist eigentlich nur das Liebesduett im zweiten Akt geworden. Aber gerade dieser Akt ist langatmig und folgt einer Kette endloser, mitunter ermüdender Dialoge. Immerhin haben sich die Gäste aus Russland viel Mühe gegeben, das alttestamentarische Werk so farbenprächtig und realitätsnah, wie es vor 3000 Jahren gewesen sein könnte, zu inszenieren. Wer das Markttor von Milet aus dem Berliner Pergamonmuseum kennt, auf der Modeonbühne wurde es nachempfunden. Eine riesige Fratze, ob heidnische Gottheit oder Fantasiegestalt, beherrschte den Bühnenhintergrund. Wunderschöne Kostüme, vom martialischen Oberpriester über Samson und seine verräterische Geliebte bis zum duftigen Ballett. Und das durfte bekanntlich nie fehlen in einer französischen Oper.

    Akustisch aggressiv Die Aufführung stieß beim Publikum, insgesamt gesehen, auf wenig positiven Widerhall. Auch der Schlussbeifall, im Modeon schon immer ein Indikator für Qualität, ging über mäßiges Höflichkeitsklatschen nicht hinaus. Und das lag an der Lautstärke, die sich bis zum Lärm steigerte und zweieinhalb Stunden aus dem Orchesterraum und von der Bühne auf das arg strapazierte Publikum flutete. Noch nie, seit es Opern im Modeon gibt, ist eine Aufführung von solch akustischer Aggressivität beherrscht worden. Und hier muss eindeutig der schwarze Peter dem Dirigenten Roland Bader zugeschoben werden. Das verwundert um so mehr, als er schon mit Opern und Orchesterkonzerten schöne Erfolge in Marktoberdorf verbuchen konnte und über die Akustik des Hauses hätte Bescheid wissen müssen. Pauke und Blech schienen meist an ihrer physischen Grenze angelangt, was natürlich das Kontern der Stimmen herausforderte. Unerklärlich und schade, dass ein Dirigent Dynamik und Phrasierung nicht zu bündeln weiß. Die Staatsoper Kharkov verfügt über große Stimmen. Gerade die berühmten russischen Bässe orgeln mit einem Volumen aus der Tiefe, dass es eine Freude hätte sein können. Besonders schön die kleine Rolle des alten Hebräers, eitel Wohlklang. Samson, der starke Held, hatte einen strahlenden Tenor, den er drei Akte fortissimo einsetzte. Die Partie der Dalila ist eine Herausforderung für eine Mezzosopranistin mit gut ausgebildetem Altregister. Leider fiel sie regelmäßig von ihrer schönen Mittellage übergangslos in die Tiefe. Symptomatisch sei das wunderschöne Duett am Ende des zweiten Aktes angeführt, welches mit den Worten beginnt: 'Sieh, mein Herz erschließet sich ' Reinste Lyrik, sehnsuchtsvoll fordernd und doch mit dramatischer Attitüde von sich gegeben, die alle Romantik und duftende Orchesterbegleitung ad absurdum stellte. Schade um eine Oper, die mehr hätte sein können.

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