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Artikel: Erst Brauchtum, dann Brennholz

29. Oktober 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung

Tradition In vielen Gemeinden werden derzeit die Maibäume abgebaut

Ostallgäu | fro | Im Herbst fallen nicht nur die Blätter, sondern mancherorts auch die Maibäume. Während in Irsee der Baum bereits statische Probleme aufwies und deshalb stückchenweise abgesägt wurde, legten ihn die Baisweiler am Stück um. Das Schicksal beider Bäume ist jedoch dasselbe: Sie enden als Brennholz in diversen Öfen.

Der Maibaum in Irsee ist bereits vier Jahre alt und hatte seinen Zenit überschritten. Nun entfernten ihn die Motorradfreunde: Von einem Kran aus wurde er Stück für Stück abgesägt und wird nun als Brennholz den Bikern die Hütte wärmen. "Der Baum wird alle drei Jahre erneuert", erklärt Roswitha Lachenmayer von der Gemeindeverwaltung. Der Zeitpunkt des Abbaus sei eher zufällig gewählt - am Wochenende habe einfach das Wetter mitgespielt, so Lachenmayer.

So sei das auch in Baisweil gewesen: "Eigentlich wird der Maibaum immer am Kirchweihsonntag abgebaut", erklärt Bürgermeister Thomas Steinhauser. Doch heuer hatte die Jugendgruppe der Gemeinde erst später Zeit - und passendes Wetter. Die Jugendlichen ließen den Baum als Ganzes herunter. Bretter und Brennholz werde nun daraus. Das sei in Baisweil aber jährlich der Fall, ergänzt Steinhauser.

In anderen Gemeinden bleiben die rund 30 Meter hohen Maibäume dagegen bis zu fünf Jahren stehen. So sind die Bäume in Frankenhofen, Rieden oder Unterostendorf heuer erst aufgestellt worden, während das Zellerberger Exemplar die zweite Saison stand. Einerseits sei ein Wechsel frühestens alle drei Jahre kostengünstiger als jährlich einen neuen Baum zu beschaffen, andererseits seien fünf Jahre das Maximum, das ein Maibaum ohne statische Probleme stehen kann. "Schon nach einem Jahr ist das Holz rissig", berichtet Steinhauser.

Bereits in der Antike sollen Maibäume Fruchtbarkeit und Vegetation repräsentiert haben. Die Römer benannten den Mai nach der Göttin des Wachstums und der Fruchtbarkeit (Maia) und feierten ihr Fest mit Bäumen als Zeichen ihrer Würde.

Der Brauch ist in Deutschland seit dem 13. Jahrhundert belegt. Und der Baum wird seitdem am 1. Mai aufgestellt - wenn er denn da ist. Denn manchmal wird er auch entwendet. Das "Vrziacha" (Verziehen) geschieht traditionell in der Freinacht. Heuer entwickelten die Baisweiler ein Talent dazu: Sie klauten zunächst den Maibaum in Kleinkemnat, danach schlugen die Lauchdorfer in Beckstetten zu. In beiden Fälle konnten sie sich an einer Brotzeit als Lösegeld erfreuen.