Direktor Thomas Maria Rimmel über religiöse Hintergründe und spirituelle Formen in Wigratzbad Wigratzbad (ins). Vor 70 Jahren gründete Antonie Rädler in Wigratzbad eine Gebetsstätte, vor 30 Jahren entstand die Sühnekirche, seit 20 Jahren gibt es dort eine Rosenkranzbruderschaft. Die Gebetsstätte Maria vom Sieg in Wigratzbad feiert 2006 ein mehrfaches Jubiläumsjahr. Über die besondere Ausstrahlung dieses Ortes, über religiöse Hintergründe und über die Menschen, die das architektonisch moderne Gotteshaus besuchen, sprachen wir mit dem Direktor der Gebetsstätte, Thomas Maria Rimmel..
Herr Rimmel, eine halbe Million Menschen besuchen jährlich die Gebetsstätte in Wigratzbad. Was suchen die Besucher der Sühnekirche, das sie in ihren Heimatgemeinden nicht finden?Thomas Maria Rimmel: In den Pfarreien findet die ordentliche Seelsorge statt. Es geht um die Begleitung der Gläubigen von der Geburt bis zum Tod. Vorbereitung und Spendung der Sakramente wie Taufe, Erstkommunion, Firmung oder Trauung bis hin zu Haussegnungen und Beerdigungen. Wigratzbad stellt eine Ergänzung dar. Die Kirche betrachtet Wallfahrtsorte mit ihren Charismen immer als außerordentliche Gnadengaben. In Wigratzbad ist es die Verehrung der Gottesmutter unter dem Titel der 'Unbefleckt empfangenen Mutter vom Sieg'. Auf ihre Fürsprache vertrauen die Pilger. Die Besucher von Wigratzbad sind dankbar, dass die Gebetsstätte versucht, insbesondere die Wünsche der Gottesmutter von Fatima zu erfüllen. Dazu gehören etwa das Rosenkranzgebet und der Herz-Mariä-Sühnesamstag. Außerdem übt natürlich das Angebot an Einkehrtagen und Exerzitien eine Anziehungskraft aus. Sind es besondere Anliegen, die die Gläubigen hierher führen?Rimmel: Die Menschen kommen mit ihren Nöten und Sorgen. Oft sind es familiäre und gesundheitliche Probleme. Einen besonderen Platz nimmt die Bitte ein, dass Kinder und Enkel zum Glauben kommen. In Gottesdiensten und gemeinsamen Gebeten sind es die großen Anliegen der Kirche, die wir aussprechen: Friede unter den Völkern, Einheit der getrennten Christenheit, Bekehrung der Menschen, die fern von Gott und in der Sünde leben. Aber wir möchten bei uns selbst beginnen. Die Bekehrung unseres eigenen Herzens ist das zentrale Gebetsanliegen von Wigratzbad. Welche Bedeutung haben für die Wigratzbad-Pilger die Erscheinungen von Antonie Rädler vor 70 Jahren?Rimmel: Die Erscheinungen als solche spielen nicht die entscheidende Rolle, da es keine besondere Botschaft gibt. Diese beschränkt sich auf den Titel 'Unbefleckt empfangene Mutter vom Sieg', der von der Kirche bestätigt worden ist. Viel entscheidender ist, dass Fräulein Antonie Rädler die Menschen im Gebet mitgerissen und ganze Nächte mit ihnen durchgebetet hat. Daraus sind die sogenannten Sühnenächte entstanden, die das zentrale Moment im Leben der Gebetsstätte bilden. Deshalb trägt die große Kirche den Titel: 'Herz-Jesu und Herz-Mariä Sühnekirche'. Ein offizielles Urteil der Kirche über die Erscheinungen von Fräulein Antonie Rädler steht bis heute noch aus. Aber im persönlichen Gespräch vertraute der damals für Wigratzbad zuständige Bischof Dr. Josef Stimpfle meinem Vorgänger, Monsignore DDr. Gläser an, dass er Wigratzbad für echt hält. Was hat es mit dem Wasser von Wigratzbad auf sich, das die Menschen in Flaschen und Kanistern mit nach Hause nehmen?Rimmel: Der Gnadenbrunnen geht nicht auf eine übernatürliche Erscheinung, sondern auf eine Intuition von Fräulein Antonie zurück. Sie gab den Anlass, nach der Quelle zu suchen und sie zu fassen. Die Diözese Augsburg hat dazu erklärt, dass die Kirche den Gläubigen das Entnehmen und den Gebrauch von Wasser aus Quellen und Brunnen bei oder in anerkannten Gebetsstätten niemals untersagt hat, solange keine Gefahr von Missbrauch oder Missdeutung im Sinne magischer Wirkung des Wassers besteht. Das gelte auch für die im Jahre 1961 auf der Kreuzhügelanlage in Wigratzbad freigelegten Quelle. An diese Weisung halten wir uns. Die Pilger, die Wasser mit nach Hause nehmen, sehen darin ein Segenszeichen un