Kaufbeuren (rm). - Seit 50 Jahen gibt es Fernsehen in Deutschland, in den Anfangsjahren konnte sich bestimmt niemand vorstellen, wie viele Programme die Menschen einmal zur Auswahl haben werden. Heute werden weit mehr Programme ausgestrahlt, als Plätze in den Kabelnetzen zur Verfügung stehen. Deshalb gucken manche Seher mit ihren Wünschen in die Röhre. So auch ein AZ-Leser aus Kaufbeuren, der unheimlich gerne den ostdeutschen Sender MDR empfangen möchte. Die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) kennt die Problematik. Sie empfiehlt den Kabelkunden, sich eine Digitalbox anzuschaffen, um in den Genuss aller öffentlich-rechtlichen Programme zu kommen. Der AZ-Leser glaubt, dass nicht nur er allein Interesse am Programm des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) hat. 'Durch den Einsatz des Technischen Hilfswerks, der Feuerwehr und des Roten Kreuzes bei der Hochwasserkatastrophe in den neuen Bundesländern haben viele Kaufbeurer Kontakte zu den Menschen bekommen, denen sie geholfen haben. Sie würden sich sicher freuen, zu sehen, wie der Wiederaufbau vorangeht', so der Leser. Außerdem könne man so dazu beitragen, die von den Politikern beklagte Kluft zwischen West und Ost zu verkleinern. Der Kaufbeurer ärgert sich, dass er statt des aus seiner Sicht interessanten MDR je zwei Musik-, Nachrichten- und Einkaufssender gucken soll. Verständnis für den Ärger des Lesers zeigt der Pressesprecher der BLM, Dr. Wolfgang Flieger aus München. Er verweist jedoch darauf, dass von den 34 Plätzen im Kaufbeurer Kabelnetz bereits 29 mit Pflichtprogrammen belegt sind (siehe Grafik). Diese seien durch entspechende Gesetze festgelegt und die BLM habe keinen Spielraum. Sozusagen freiwillig eingespeist werden die beiden österreichischen Fernsehprogramme, das Schweizer Fernsehen und N 3. Damit letzteres in Kaufbeuren zu sehen ist, betrieb die Firma Kabel Bayern - eine Tochter der Telekom - vor einigen Jahren laut Unternehmenssprecher Kurt Tretschok einigen Aufwand.
Auf Wunsch der Bundeswehr Der Landtagsabgeordnete und Medienrat der BLM, Franz Pschierer erinnert sich, dass dies auf Wunsch der Bundeswehr erfolgte. Denn viele Soldaten, die in Kaufbeuen die Fliegerschule besuchen, seien an dem Programm von N 3 interessiert gewesen. Pschierer könnte sich als Medienrat dafür einsetzen, statt N 3 nun MDR in das Kaufbeurer Kabel einzuspeisen. Voraussetzung dafür sei allerdings, dass wirklich mehr Menschen in der Region MDR als N 3 sehen wollten. Und dies festzustellen, ist sehr schwierig. Tretschok weiß aus Erfahrung, dass es meist gar nichts bringt, das eine dritte Programm gegen ein anderes auszutauschen: 'So viele darüber glücklich sind, sind andererseits auch wieder unglücklich darüber.' Und einen österreichischen Sender abzuschalten, sei sicher auch nicht der richtige Weg. Der zweite Einkaufssender QVC werde zwar freiwillig eingespeist, der liege aber auf einem Sonderkanal, der eigentlich für lokale digitale Angebote reserviert sei. Da es diese noch nicht gebe, habe QVC die Umrüstung von digital auf analog bezahlt und dürfe den Platz nun nutzen, bis sich lokale digitale Anbieter fänden. Darauf hätten sich die Landesmedienanstalten geeinigt und da könne Bayern nicht einfach ausscheren. Als letztes Nicht-Pflichtprogramm gibt es schließlich noch das Schweizer Fernsehen DSR zu sehen. Einer der freiwillig eingespeisten Sender muss nun ohnehin - zumindest tagsüber - Platz machen. Denn die Programme von Kinderkanal und arte, die sich bisher einen Kanal teilten, überschneiden sich inzwischen erheblich. Arte sendet schon ab 14 Uhr und der Kinderkanal seit 1. Januar bis 21 Uhr. Laut Flieger muss die Kabel Bayern nun bei der BLM beantragen, welches Programm sie in jedem der 300 unterschiedlichen Kabelnetze in Bayern bis 21 Uhr zu Gunsten des Kinderkanals abgeschaltet werden soll. Erst wenn die BLM den Vorschlag von Kabel Bayern genehmigt habe, könne die Umstellung erfolgen. Tretschok hofft, dass dies im März geschehen kann. Einen Hemmschuh gibt es allerdings noch: Das Programm, das abgeschaltet wird, könnte gegen die Entscheidung klagen und das wiederum könnte zu erheblichen Verzögerungen führen. Da es nicht absehbar ist, wann einmal mehr Kanäle im Kabel zur Verfügung stehen, rät Flieger den Zuschauern, sich für etwa 150 Euro eine Digitalbox anzuschaffen. Diese könne an bis zu zehn Jahre alte Fernseher angeschlossen werden, die über eine Scard-Buchse verfügen. Und damit könnten dann kostenlos alle dritten Programme der ARD empfangen werden.