Von Stephan Schöttl |Kaufbeuren/GermaringenEigentlich war der Besuch des Kaufbeurer Oberbürgermeisters Stefan Bosse und des Stadtplaners Manfred Pfefferle im Germaringer Gemeinderat zur Annäherung der beiden Kommunen in Sachen Reifträgerweg gedacht. Weitergebracht hat das Treffen aber keine der beiden Seiten. Die Kaufbeurer bauen ihrerseits durch die geplante Trasse auf eine Entlastung des Verkehrs der Sudetenstraße, die Germaringer hingegen befürchten dadurch noch mehr Fahrzeuge auf ihren Straßen.
Es ging um die Frage der Ernsthaftigkeit des Projekts, um nicht eingehaltene Abmachungen, zähe Gesprächsrunden und gescheiterte Enteignungen. Das Problem: Um den bisher bestehenden Reifträgerweg im Osten von Neugablonz verlängern und an den Kreisverkehr in der Sudetenstraße anschließen zu können, müssen die Kaufbeurer über Germaringer Flur. Zunächst stand die Nachbargemeinde dem Projekt durchaus aufgeschlossen gegenüber, zuletzt wurde der Widerstand jedoch immer größer. Das wiederum missfällt der Stadt. "Wir haben im Vertrauen auf die Unterstützung der Gemeinde die Planungen vorangetrieben und mittlerweile Vorleistungen im siebenstelligen Bereich erbracht", erklärte Bosse. Entweder man gehe dieses Projekt daher gemeinsam an - oder gar nicht. "Sie sind die entscheidende Stellschraube", sagte er dem Gremium gegenüber.
Die Verlängerung des Reifträgerwegs sei ein Symbol für die Entwicklung von Neugablonz und bringe rund 4000 Fahrzeuge pro Tag Entlastung für den Neuen Markt und die Sudetenstraße. Diese seien, so Pfefferle, laut einem Verkehrsgutachten mit rund 24000 Fahrzeugen pro Tag die am meisten befahrenen Straßen Kaufbeurens. "Ab 27000 Autos müssten wir in den Lärmschutz einsteigen. Und das wollen wir weder den Gebäuden noch den Bewohnern dort antun", erklärte Pfefferle.
Was die Kaufbeurer Seite als Vorteil sieht, mag in Germaringen kaum jemand akzeptieren. Allerdings gehen auch im dortigen Rat die Meinungen auseinander. "Für Neugablonz ist das bestimmt gut. Aber die Entlastung geht auf jeden Fall auf Kosten Germaringens", sagte etwa Jakob Greif.
Dies sei nicht der Fall, entgegnete Pfefferle. In besagtem Gutachten sei sogar von einer Abnahme des Durchgangsverkehrs in Germaringen die Rede - um bis zu 900 Fahrzeuge pro Tag. Georg Reisach meinte, es lohne sich nicht, für knapp 15 Prozent weniger Verkehr in die Natur einzugreifen. "Da geht ein Stück Naherholung verloren", sagte er.

"Sowohl Vorbild als auch Inspiration"
Baupreis Kaufbeuren 2023 für dieses Bauvorhaben verliehen
Die Diskussion konzentrierte sich in erster Linie auf die Verlängerung im Süden. Ein Anschluss an die Kreisstraße OAL 6 im Norden sei zwar ebenfalls in Planung, eine Entscheidung sei aber noch lange nicht gefallen. Bosse: "Wenn es im Norden nicht weitergeht, geht die Welt auch nicht unter.
" Reinhard Miller wies seine Ratskollegen letztlich auf eine Chance hin: Als Ausgleich für den Bau der Straße auf Germaringer Flur bekomme man ein neues, rund 30000 Quadratmeter großes Gewerbegebiet quasi kostenlos erschlossen. "Das ist doch besser, als in Obergermaringen wieder ins Bauernland hinein zu erweitern", sagte er. Und Bosse meinte zur möglichen Konkurrenzsituation im Kampf um das Gewerbe: "Das begeistert mich natürlich nicht. Aber es muss auf einen Kompromiss hinauslaufen."
Der Germaringer Rat wird sich demnächst erneut mit dem Thema befassen.