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Eine Reise zurück in die Zukunft

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Eine Reise zurück in die Zukunft

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    Von Dirk Ambrosch, Illerbeuren - In Illerbeuren ist die Reise in die Vergangenheit immer auch ein Aufbruch in die Zukunft. Zwischen renovierten Gehöften und sorgsam angelegten Gärten, zwischen der Halle mit Landmaschinen aus der Vorkriegszeit und einem Gehege mit den seltenen Augsburger Hühnern finden sich stets auch Spuren, die auf anstehende Projekte des Schwäbischen Bauernhofmuseums hinweisen. Hier ein Zelt, in dem die Teile eines Hofes lagern. Dort ein Gebäude, in der Ausstellungsstücke präpariert werden. Und so sagt Museumsleiter Otto Kettemann denn auch: 'Es gibt so viel zu tun. Manchmal weiß man gar nicht recht, wo man weiter machen soll.' Doch sind diese Sätze keine Klagen, sondern vielmehr Beweise. Sie belegen, dass genau 50 Jahre nach der Gründung des ersten süddeutschen Freilichtmuseums das Konzept vom 'Dorf im Dorf' noch immer funktioniert. Rund 60000 Besucher wollen jedes Jahr eintauchen in die Welt ihrer Vorfahren. Wollen sehen, erleben und verstehen, wie etwa im 17. Jahrhundert die Menschen auf dem Lande gelebt haben. So weit reicht die Zeitreise nämlich zurück im vom Bezirk Schwaben getragenen Museumsdorf mit seinen mehr als 50 Gebäuden. Und weil der Ausbau des 20 Hektar großen Geländes noch längst nicht abgeschlossen ist, wird eben jener Weg in die Geschichte für den Museumsleiter und die 18 Angestellten zugleich zu einer arbeitsintensiven Expedition in Richtung Zukunft. Fragt man Otto Kettemann nach den konzeptionellen Veränderungen seit den Anfängen in den 50er Jahren, sagt er einen erstaunlichen Satz. 'Alles ist viel komplizierter geworden, doch trotzdem hat sich nicht viel geändert.' Was das bedeutet? Der Museumsleiter erklärt. Die grundsätzliche Idee ist seit dem Gründungsvater Hermann Zeller dieselbe geblieben: Gegenstände des bäuerlichen Lebens und historische Gebäude werden ausgestellt, um sie zu bewahren. Ein zugleich ganzheitlicher methodischer Ansatz der Wissensvermittlung, wie der studierte Volkskundler Kettemann sagt. 'Der Besucher lernt, indem er die Dinge im Zusammenhang sieht.' Bauernhaus, Möbel, Getreide auf dem Feld und die Tiere auf der Weide - alles präsentiert sich gemeinsam.

    Hautnah mit allen Sinnen Und doch hat es einen Wandel gegeben, dem das Museum Rechnung tragen muss. 'Es geht heute nicht mehr nur um das bloße Zeigen, das Aufstellen. Heute muss man zugleich fundierte wissenschaftliche Aussagen treffen.' Das erfordert neben der Sammlung von Objekten auch umfangreiche Archiv- und Forschungsarbeit. Neben der Dokumentation gilt es, Ausstellungsgegenstände und Themen zeitgerecht zu präsentieren. So ermöglicht das Museum Erwachsenen und vor allem Kindern Geschichte hautnah und mit allen Sinnen zu erleben. In zehn verschiedenen Kursen können die Besucher in die Rolle ihrer Vorfahren schlüpfen: Zum Beispiel beim Brot backen oder Wäsche waschen. Auch hat sich das Museum in den vergangenen Jahren neue Aufgabenfelder erschlossen: Etwa den Anbau alter Kulturpflanzensorten. Zudem hält das Museum alte Haustierrassen wie Zaupelschafe oder Schwäbisch-Hällische Schweine. Auf dem Weg in die Zukunft schenkt Museumsleiter Kettemann einem Konzept besondere Beachtung, das im Jahr 1997 begonnen wurde. Weil sich in den einzelnen Landschaften Schwabens unterschiedliche Hausformen herausbildeten, präsentiert das Bauernhofmuseum seine historischen Gebäude in regionalen Baugruppen, die idealtypische Ansiedlungen bilden. Zugänglich ist bislang der Raum Mittelschwaben, in Aufbau und Planung befinden sich Nordschwaben und der Alpenraum, für die Zukunft vorgesehen sind der Bodenseeraum sowie das Alpenvorland. Wann jedoch der ganze Spaziergang von Weiler zu Weiler durch das alte Bayerisch-Schwaben möglich sein wird, 'weiß der Herr im Himmel', sagt Kettemann. Es liegt eben noch viel Arbeit vor dem Museumsleiter und seinen Mitarbeitern. So viel, dass es Kettemann bis heute noch nicht gelungen ist, einen lang gehegten Wunsch in die Tat umzusetzen: Einen Kaffee zu trinken auf der Veranda der historischen Torfwirtschaft, einem seiner Lieblingsplätze.

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