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Eine Marienvesper wie anno 1695

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Eine Marienvesper wie anno 1695

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    Holzgünz (fw). - Feierlicher hätte das alterwürdige Skapulierfest in Holzgünz nicht enden können: vor dem 1695 geweihten Marienaltar in der Schlosskirche sang der 'Cantus Firmus Chor' Ottobeuren unter Leitung von P. Maurus Mayer OSB eine Marienvesper von Marc-Antoine Charpentier; dazu aufgeboten waren ein renommiertes Solistenquintett und ein nicht minder exzellentes Instrumentalensemble. Das Besondere daran: die Vertonung der lateinischen Psalmen und des Hochgesangs Marias, Magnificat, entstanden genau zur selben Zeit im fernen Paris, als das Kreuzherrenschloss in Holzgünz seinen prächtigen Marienaltar erhielt. Ermöglicht war die Aufführung erst durch die kundige und akribische Arbeit des langjährigen Chormitglieds Dr. Wolfgang Mönch, momentan Physiker an der Universität Freiburg und passionierter Musikfreund, der die Übertragung der Noten aus den Faksimilehandschriften in eine singbare Partitur vorgenommen hatte. Charpentiers Kompositionen sind nämlich vielfach nur erfahrenen Spezialisten in der Aufführungspraxis barocker Musik zugänglich, da moderne Ausgaben fehlen. Umso spannender geriet für P. Maurus und alle Mitwirkenden die Aufgabe, diesen verborgenen Schatz zu heben und bei dieser Gelegenheit in neuem Glanz zu präsentieren. Bei der Begrüßung beschrieb Maurus, Cantor der Benediktinerabtei Ottobeuren, die Bedeutung der Vesper als tägliches Abendgebet der Kleriker, Mönche und Nonnen und ihre besondere Gestaltung an Marienfesten mit Antiphonen als 'Vorausklingern', gleichsam theologischen Überschriften, vier Psalmen und dem Magnificat. Gemäß dieser Ordnung erklangen vor jedem Psalm durch eine Männerschola vorgetragene gregorianische Gesänge, bevor Solisten, Chorsänger und Instrumente die Vertonungen des französischen Barockkomponisten interpretierten. In ständig wechselnden Rhythmen, gemäß dem Inhalt und Charakter der Texte als Sologesang oder alternierend mit Chorpartien, gelang eine packende Wiedergabe der schwungvoll-festlichen Musik, die filigran verzweigte Passagen ebenso enthält wie machtvoll-strahlende Doxologien, prunkvolle Preisungen der Dreifaltigkeit am Ende der einzelnen Psalmen.

    Drangvolle Enge im Schiff Im einzelnen sangen Tina Kreher und Sabine Bomheuer (Sopran), Hedwig Schöner (Alt), Gerhard Hölzle (Tenor) und Matthias Heizmann (Bass). An den Instrumenten Margarete Haußner und Sabine Weber-Frommel (Violine), Rita Hölzle (Violoncello), Walter Angerer (Kontrabass) und Kurt Renner (Orgelpositiv). Im Kirchenschiff und auf den Emporen herrschte drangvolle Enge, sodass noch weitere Stühle herbeigeschafft werden mussten. Die Zuhörer erlebten eine musikalisch-liturgische Rarität und dankten mit lang anhaltendem Applaus für das klingende Geschenk.

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