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Eine Kindheit voller Grauen

Oberstdorf

Eine Kindheit voller Grauen

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    Konzentrierte, beklemmende Stille herrschte im Kurfilmtheater in Oberstdorf, als der Schauspieler Thomas Darchinger ausgewählte Passagen aus der Autobiografie von Solly Ganor "Das andere Leben" vorgetragen hat. Der Jazz-Musiker Wolfgang Lackerschmid begleitete die Lesung mit Musik auf dem Vibraphon. Die Veranstaltung war vom Elternbeirat des Gertrud-von-Le-Fort-Gymnasiums initiiert worden. Am Vormittag waren Darchinger und Lackerschmid mit ihrem Programm bereits bei den Schülern der 10. Klassen zu Gast.

    Nach Dachau verschleppt

    Die Auszüge aus der Ganor-Biografie "Das andere Leben" beschreiben die Kindheit des 13-jährigen jüdischen Jungen Solly zu Zeiten des Holocaust. Solly und sein Vater werden vom Ghetto in Kaunas (im von Deutschland besetzten Litauen) zunächst in ein Außenlager des Konzentrationslagers Dachau und dann in ein Arbeitslager am Ammersee verschleppt. Von dort aus werden sie zusammen mit den jüdischen Häftlingen in einem der berüchtigten Todesmärsche in Richtung Alpen getrieben. Unterwegs wird der Tross von den Amerikanern befreit.

    Autor Solly Ganor, 1928 in Litauen geboren, hat 50 Jahre lang über die Grauen seiner Kindheit während der Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten geschwiegen. Erst im Jahr 1997 hat er mit seiner Autobiografie "Das andere Leben" dieses Schweigen gebrochen. Ganor lebt heute in Israel und Kalifornien.

    Mit ihrem gemeinsamen Projekt haben der Schauspieler und Grimme-Preisträger Thomas Darchinger und Jazz-Musiker Wolfgang Lackerschmid schon in vielen bayerischen Schulen Station gemacht. So auch im Oberstdorfer Gymnasium. Man habe die 10. Klassen zu dieser Veranstaltung eingeladen, weil in dieser Alterstufe Nationalsozialismus und Judenverfolgung im Unterricht thematisiert worden waren, erklärt Studienrätin Dr. Marion Presslich. Die Schüler seien von der Ganor-Autobiografie sichtlich beeindruckt gewesen, berichtet sie. Es sei sehr still gewesen im Raum.

    Musik steigert die Dramatik

    Besonders eindrücklich ist die Lesung durch den wechselnden Einsatz von Text und Musik. Wolfgang Lackerschmid spielt nicht nur zwischen, sondern auch während einzelner Lesebeiträge auf dem Vibraphon und verleiht damit den Texten zusätzliche Dramatik.

    Die Veranstaltung war eine Initiative von Irmela Fischer vom Elternbeirat des Oberstdorfer Gymnasiums, unterstützt wurde sie von Kurfilmtheater Oberstdorf. Das Projekt wird von der "Stiftung bayerische Gedenkstätten" gefördert.

    Literatur: Solly Ganor, Das andere Leben, Fischer-Verlag, ISBN 978-3-596-13549-3, Euro 9,95.

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