LindauGibt es eine Zukunft für die Welt im 21. Jahrhundert? Und wie wird sie aussehen? Dies sind die zentralen Fragen, die der renommierte Zukunftsforscher Professor Franz-Josef Radermacher am heuitgen Donnerstag in der Tanner Denkfabrik in Lindau stellen und beantworten wird. Unsere Mitarbeiterin Susi Donner sprach vorab mit dem Wissenschaftler.
Ihr Vortrag trägt den Titel "Welt mit Zukunft - Überleben im 21. Jahrhundert". Ist das eher Frage, oder hoffnungsvolle Botschaft?
Franz-Josef Radermacher: Weder noch. Es ist das Angebot von Lösungen. Eine Zukunft und ein Überleben im 21. Jahrhundert wird es in jedem Fall geben. Die Frage ist, für wen, unter welchen Bedingungen und auf welchem Qualitätsniveau.
Was sind in Ihren Augen die dramatischsten Probleme, mit denen die Welt im 21. Jahrhundert konfrontiert ist?
Radermacher: Überbevölkerung, Ressourcenknappheit, soziale Spaltung, Hunger, Konflikte zwischen Kulturen, Hoffnungslosigkeit, Ungerechtigkeit, Krisen im Finanzsystem.

Schaltjahr
Schaltjahr: Wann ist das nächste Jahr mit langem Februar?
und wenn wir die nicht in den Griff bekommen
Radermacher: kann es sehr unangenehm werden, und möglicherweise wird es auch sehr unangenehm sein, wie wir die Probleme in den Griff bekommen, wenn wir sie denn überhaupt in den Griff bekommen.
Denken Sie, dass die Menschen überhaupt dazu fähig sind, die ganze Welt positiv global zu verwalten, im Sinne von sozialer Gerechtigkeit für alle?
Radermacher: Die historische Entwicklung erfolgreicher Nationalstaaten, wie etwa Deutschland, zeigt, dass Menschen in der Lage sind, ihre Welt positiv zu verwalten. Das Beispiel der Europäischen Union zeigt, dass dies auch in supranationalen Strukturen möglich ist. Das Problem ist nun, Entsprechendes global zu gestalten. Eine in der Tat gigantische Herausforderung.
Welche Möglichkeiten zu reagieren sehen Sie?
Radermacher: Auf einer sehr abstrakten Ebene geht es um einen weltweiten Vertrag zur Sicherung unserer gemeinsamen Zukunft. Vernünftige Regeln sind international abzustimmen, Querfinanzierung der schwächeren Partner durch die stärkeren ist in der Regel Voraussetzung dafür, einen entsprechenden Konsens herbeizuführen. In der Notwendigkeit dieses Nehmens und Gebens, die teils in Konflikt zu den Interessen einzelner Staaten stehen, liegt die eigentliche Herausforderung.
Wer hat die Macht, etwas zu ändern?
Radermacher: Die Politik im Rahmen internationaler Verträge, die Wirtschaft im Rahmen der Organisation weltökonomischer Prozesse, Nichtregierungsorganisationen in ihren weltweiten Aktivitäten, die Medien in ihrer Berichterstattung, der Einzelne als Konsument. Wenn überhaupt, werden die erforderlichen Veränderungen nur in Wechselwirkung dieser verschiedenen Akteure erreicht werden können.
Wie viel Zeit bleibt der Menschheit, um zu reagieren?
Radermacher: Wenn wir die Dinge weiter laufen lassen, dann droht in wenigen Jahrzehnten der ökologische Kollaps.
Dieser ist dann allenfalls noch mit brutalen Maßnahmen der Kontingentierung und in der Folge in der Etablierung von Zweiklassenstrukturen und brasilianischen Verhältnissen überall zu verhindern. Wir haben vielleicht noch zehn Jahre, um mit einem Weltvertrag die Prozesse in eine vernünftige Richtung zu steuern. Dies könnte in 50 bis 70 Jahren weltweit in die erhofften balancierten Zustände münden.
Termin: Der Vortrag im Atrium der Tanner Denkfabrik in Lindau, beginnt am heutigen Donnerstag, 18. September, um 20 Uhr. Anschließend steht Radermacher für einen Dialog zur Verfügung. Der Eintritt ist frei.