Toter Der in Heimenkirch gefundene Verstorbene hatte in der Gemeinde offenbar nur wenige Kontakte - Markt für Bestattung zuständig">

Artikel: "Eine Art Einsiedlerleben"

23. Oktober 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung

Toter Der in Heimenkirch gefundene Verstorbene hatte in der Gemeinde offenbar nur wenige Kontakte - Markt für Bestattung zuständig

Von Benjamin Schwärzler |HeimenkirchDer Fund einer männlichen Leiche, die drei Jahre lang im Bett einer Heimenkircher Dachgeschosswohnung gelegen hat, sorgt für Gesprächsstoff. Ob in der Kantine, am Stammtisch oder in der Warteschlange im Supermarkt - der Fall bietet mit seinen offenen Fragen viel Raum für Spekulationen.

Eines steht fest: Der Verstorbene, der 1955 in Indien geboren worden ist, hat in dem einen Jahr, in dem er im Markt Heimenkirch gelebt hatte, nur wenige Kontakte zu seinen Mitbürgern aufbauen können. "Er hat eine Art Einsiedlerleben geführt", erinnert sich der frühere Bürgermeister Rudi Janisch. Er selbst habe den Mann nur hin und wieder im Einwohnermeldeamt im Rathaus gesehen. "Dort hat er auch gesagt, dass er wieder zurück nach Indien will", berichtet Janisch. Ihm sei auch nicht bekannt, dass der Mann in einem der 50 Heimenkircher Vereine engagiert gewesen sei.

Nach Informationen unserer Zeitung ist der Verstorbene, der in seiner Heimat als Mechaniker gearbeitet hatte, über die Zwischenstation Berlin im Sommer 1986 ins Allgäu gezogen, wo er vorübergehend mit einer Deutschen verheiratet war. Ersten Kontakt ins Westallgäu gab es Anfang 2003, als er als Bewohner in das Curata Haus Iberg in Maierhöfen, eine Einrichtung der Behindertenhilfe, kam. Nach Auskunft der Heimleitung wurde er dort eineinhalb Jahre lang betreut.

Leiche fast vollständig skelettiert

Anschließend zog er nach Heimenkirch, wo er im Mai 2005 schließlich seine Rückkehr nach Indien bekannt gab. Die Wohnung samt Strom und Wasser wurde gekündigt.

Seitdem war der Mann von der Bildfläche verschwunden, ehe die Tochter des Hausbesitzers am Montag die fast vollständig skelettierte Leiche durch Zufall in der Dachgeschosswohnung eines Mehrfamilienhauses gefunden hatte. Die Polizei schließt ein Verbrechen aus.

Offen ist vor allem die Frage, warum der Tote jahrelang unentdeckt blieb. Nach Angaben der Polizei scheint auch ein Verwesungsgeruch keinem der elf Hausbewohner aufgefallen zu sein. Um die Drei-Zimmer-Wohnung unter dem Dach habe sich nach dem vermeintlichen Auszug des Inders offenbar niemand gekümmert. Es sei nach Polizeiangaben auch nie daran gedacht worden, sie weiter zu vermieten, obwohl es in dem Haus in den letzten Jahr wohl eine hohe Fluktuation gegeben habe.

Nach Angaben von Polizeisprecher Christian Owsinski ist die DNA des Toten mittlerweile ausgewertet. Das sei so schnell möglich gewesen, weil der Mann bereits in der polizeilichen Datenbank registriert war. "Ein DNA-Vergleich innerhalb Europas dauert in der Regel zwei bis drei Wochen", ergänzt Owsinski. Im Fall des toten Inders habe es keine Vermisstenanzeige gegeben - weder aus Deutschland, wo der Mann offenbar kein besonders enges soziales Netzwerke gehabt hat, noch aus Indien. Der Fall ist an die indische Botschaft weitergeleitet worden, die im Heimatland des Mannes nach möglichen Verwandten suchen soll. Für die Bestattung des Leichnams ist die Marktgemeinde Heimenkirch zuständig.

Die wahrscheinlichste Variante ist laut Bürgermeister Markus Reichart eine Bestattung in einem anonymen Urnengrab, das die Gemeinde für solche Fälle auf dem Friedhof unterhält.