Dicht gedrängt stehen in Eva Schroers Wohnzimmer Skulpturen, Bilder und Teppiche hängen an den Wänden. Ein großes weißes Leintuch verdeckt einen selbst geschnitzten Schrank. Auf dem ansonsten leeren Stück Stoff hängt ein Bild. Es zeigt das Gesicht eines Jungen. Oskar. Er ist Dreh- und Angelpunkt der theatralischen Lesung "Oskar und die Dame in Rosa", die Eva Schroer am Samstag in der Kultur-Werkstatt Sonthofen gestalten wird.
Viele Gedanken habe sie sich über den Roman von Éric-Emmanuel Schmitt gemacht, sinniert Eva Schroer, die erfahrene Bühnendarstellerin, die einst mit den Großen ihrer Zunft auftrat und seit 1996 in Rettenberg lebt: "Eine Schauspiel-Kollegin hatte mir von dem Buch erzählt, und ich war sofort gebannt von der Erzählung".
Spielsachen statt Anteilnahme
Oskar, zehn Jahre alt, schwerst krebskrank, hört mit, wie ein Arzt im Krankenhaus seinen Eltern eröffnet, dass der Junge sterben werde. Die Eltern können damit nicht umgehen und überhäufen Oskar mit Spielsachen anstelle von Anteilnahme und Mitgefühl. Dieser fühlt sich verraten und zieht sich zurück.
Nur die Dame in Rosa, eine ältere ehemalige Pflegerin und jetzt Hospizhelferin, die rosa Kleidung trägt, dringt zu dem Jungen durch und überredet ihn, in Briefen an Gott sein Leben im Zeitraffer zu leben. Von der Pubertät bis zum Alter beschreibt jeder Brief zehn Jahre. Die Pflegerin, die Oskar nur Oma Rosa nennt, und er selber erfahren dabei viel über sich selber und über Liebe und Achtung gegenüber den Mitmenschen.
Aus Sicht der Oma Rosa besinnt sich Eva Schroer beim Lesen der Briefe noch einmal zurück an die letzten Tage mit Oskar und erinnert sich an ihre Freundschaft und wie er sie lehrte, wie kostbar das Leben ist. Schon seit einigen Monaten bereitet sich Eva Schroer auf die Lesung vor, hat versucht zu kürzen, doch sei dies fast unmöglich, wie sie erklärt.
"Die Geschichte und die Briefe sind unglaublich dicht verfasst, und es würde etwas fehlen."
Auch scheint es geradezu, als sei ihr die Rolle der Oma Rosa auf den Leib geschrieben. "Sowas kann nur eine alte Frau spielen", lächelt die 84-Jährige.
"Die Wärme und Mitmenschlichkeit, die aus den Briefen spricht, berührt mich immer wieder." Und es sei keineswegs kitschig, wie sie hinzufügt. Vielmehr unsentimental, ja sogar mit Humor, wie ihn nur die Naivität und Weltklugheit von Kindern hervorbringe, gehen Oskar und Oma Rosa den Weg zu Ende.
Und wie Eva Schroer so in ihrem Wohnzimmer an dem Tisch sitzt, beschleicht einen das Gefühl, man säße Oma Rosa gegenüber, die weise lächelt, und man spürt die Reife und Größe einer beeindruckenden Schauspielerin.
Aufführung: Samstag, 10. Juli, um 20 Uhr in der Kultur-Werkstatt Sonthofen, Karten unter Telefon 08321/2492.