Memmingerberg (sdo). Mit geschlossenen Augen steht Hauptmann Franz Wagner auf der Startbahn, eine Trompete an den Lippen. Im Hintergrund der Tower des Memmingerberger Fliegerhorsts. Am Geländer der Aussichtsplattform hängt ein schwarzes Tuch, auf dem in großen gelben Druckbuchstaben 'BYE BYE' (Auf Wiedersehen) zu lesen ist. Bedächtig spielt Wagner das Volkslied 'Muss i denn'. Nach einer kurzen Pause setzt er zu 'Lili Marlen' an. Der blaue Tornado mit Alpenpanorama, Geschwader-Wappen und Deutschland-Flagge steht bereit; mit ihm wird der 16. und letzte Kommodore des Jagdbomber-Geschwaders 34 'Allgäu', Norbert Geißendörfer, zusammen mit seinem Stellvertreter Uwe Heizmann in wenigen Minuten zum letzten Mal von der Memmingerberger Startbahn abheben. Einige Meter vom Tornado entfernt steht Bertram Paetzold. Die Sonderlackierung hat das letzte Flugzeug ihm zu verdanken. Eine große Ehre für den früheren zivilen Mitarbeiter? 'Ach, das ist schon die dritte Maschine, die nach einem Entwurf von mir bemalt wurde', winkt er ab. 'Mein Vorschlag war eben jedes Mal der beste.' Nicht ohne Stolz steht er dann neben Geißendörfer und Heizmann und lässt sich vor der Maschine ablichten. Auch Michael Schädle nimmt seine Digitalkamera zur Hand und richtet sie zuerst auf den Tower, dann auf den letzten Memmingerberger Tornado. 'Ich hänge schon am Fliegerhorst', sagt er. '19 Jahre lang war ich jetzt hier, das war praktisch mein ganzes militärisches Leben.' Nachdenklich sieht er zur Startbahn hinüber. Dann fügt er hinzu: 'Der Tag heute ist schon bewegend. Ich werde wohl nie vergessen, wie der Blick auf die Alpen an einem klaren Morgen aussieht, mit den Flugzeugen im Vordergrund.' All die Jahre sei er täglich von Tannheim zum Arbeitsplatz nach Memmingerberg gejoggt. 'Das wird mir fehlen. Nach Lagerlechfeld muss ich mit dem Auto fahren.'
Konzentration auf den letzten Flug Immer mehr Soldaten und Zivilisten kommen zur Startbahn. Inzwischen steigt der Kommodore die Stufen zum Cockpit hinauf. 'Mir geht es auch jetzt emotional gut. Traurig war ich während der letzten Wochen. Jetzt konzentriere ich mich darauf, heil nach Lagerlechfeld zu kommen', sagt er. Dort wird der letzte Memmingerberger Tornado vorläufig stationiert sein, bis er in ein Militär-Museum kommt. Punkt zehn Uhr rollt das Flugzeug dann langsam los. Es beschleunigt, dann hebt es ab. Verstohlen wischt sich Erwin Jahnel eine Träne aus dem Augenwinkel. 'Ein Glück, dass ich jetzt in den Ruhestand komme. Eine Versetzung wäre nichts mehr für mich.' 41 Jahre und sechs Monate sei er in Memmingerberg gewesen. Als er verabschiedet wurde, 'hat mich dies praktisch nicht berührt. Heute kämpfe ich mit mir'. Wenige Meter weiter fällt nur ein Satz: 'Das war's dann. Jetzt sind wir ein Fliegerhorst ohne Flugzeug.'