Von Helmut Kustermann | Memmingen Es sind die Momente, in denen der viel zitierte innere Schweinehund sich als schier unüberwindbares Hindernis aufbaut. Eigentlich würde man jetzt ja gerne zum Joggen gehen, aber schließlich regnet es wie aus Kübeln und auf dem Sofa ist es gerade so gemütlich Frank Wiblishauser gestattet sich solche Ausflüchte nicht. Ganz im Gegenteil. "Wenn ich einmal drei bis vier Tage keinen Sport treibe, werde ich unruhig", erzählt der 31-Jährige. "Ich bin es gewohnt, meinen Körper voll zu belasten."
"Treffpunkt Stadtpark" heißt eine Serie der Memminger Zeitung. In reizvoller Umgebung, auf dem früheren Landesgartenschau-Gelände, stellen sich bekannte Memminger und Unterallgäuer unseren Fragen. Interviewpartner war diesmal der Profi-Fußballer Frank Wiblishauser.
Legionen von Buben träumen davon, Fußball-Profi zu werden, vor Tausenden von Fans zu spielen. Und die überwältigende Mehrheit muss bald einsehen, dass es dazu nicht reichen wird. Bei Frank Wiblishauser läuft es anders. Der junge Kicker des FC Memmingen schafft es bis in die Bayern-Auswahl und nach einem Turnier in Duisburg öffnet sich die Tür zur großen Fußball-Welt. "Von einem Drittel der Bundesligisten habe ich damals ein Angebot bekommen." Darunter ist auch Bayern München, und natürlich geht er dorthin.
Dabei sieht sich der gebürtige Memminger gar nicht als das Supertalent, das von der Natur überreich beschenkt wurde. In seiner Jugendzeit habe es Mitspieler gegeben, die mindestens genauso begabt gewesen seien. Was ihn von denen unterscheidet, ist sein riesiger Ehrgeiz. Wiblishauser beschreibt es so: "Zusatzschichten einlegen, Flanken und Torschüsse üben. Ins Fitness-Studio statt ins Café gehen."
Dieser eiserne Wille ist für den Fußballer Wiblishauser überlebenswichtig, als seine Karriere den dramatischen Höhepunkt erreicht. Es ist der 2. Februar 2002, der gebürtige Memminger spielt inzwischen für den Bundesligisten 1. FC Nürnberg. Die Franken treffen auf Energie Cottbus. Wiblishauser hat gerade einen Ball angenommen, als er von hinten rüde gefoult wird.
Die niederschmetternde Diagnose: Schien- und Wadenbeinbruch. "Die Wahrscheinlichkeit, dass ich wieder in den Profifußball zurückkehren kann, bezifferten die Ärzte auf fünf bis zehn Prozent. Viele haben mir empfohlen, mich nach etwas anderem umzuschauen."
Rückkehr nach eineinhalb Jahren
Wiblishauser aber will sich damit nicht abfinden. Er kämpft sich mühsam wieder heran, muss Durststrecken ohne Fortschritte durchleben und steht schließlich nach über eineinhalb Jahren wieder auf dem Fußballplatz. Dennoch: Die Verletzung hat der Karriere des Frank Wiblishauser einen entscheidenden Knacks versetzt, inzwischen spielt er bei TuS Koblenz, dem Tabellen-Vorletzten in der Zweiten Bundesliga. Der Memminger hält diesen 2.2. 2002 für einen Schicksalstag - er meint das aber nicht nur negativ. "Die damalige Verletzung hat mir den Weg zu meinem künftigen Beruf geebnet."
Berufswunsch Heilpraktiker
Wiblishauser liest in dieser Zeit viele medizinische Bücher, setzt sich intensiv mit seinem Körper auseinander. Irgendwann steht für ihn fest, dass er nach der Fußballer-Karriere Heilpraktiker werden will. Die Verletzung interpretiert er als Fingerzeit für sein weiteres Leben.
Der Heilpraktiker Wiblishauser will im Allgäu arbeiten: "Ich möchte wieder hierher zurückkehren, die Kontakte sind nie abgerissen." Freundschaften mit früheren Mitspielern in der Jugend des FC Memmingen bestehen bis heute. Und so kann sich der Junggeselle durchaus mit dem Gedanken anfreunden, seine Karriere einmal beim FC Memmingen zu beenden: "Das ist sicherlich eine Überlegung wert."