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Ein Sturz veränderte ihr Leben

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Ein Sturz veränderte ihr Leben

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    Kemptenerin rutschte vor zwei Jahren auf Eisplatte aus ­ heute sitzt sie im Rollstuhl Kempten (se). Es war ein Unfall, wie er jeden Winter zig mal passiert: Auf einer Eisplatte verlor Marika Schreck am Zweiten Weihnachtsfeiertag des Jahres 1999 das Gleichgewicht und stürzte. Was in den meisten Fällen mit ein paar blauen Flecken abgeht, markierte für die Kemptenerin den Anfang eines langen Leidenswegs, ihr ganzes Leben geriet aus der Balance. Heute sitzt die 37-Jährige im Rollstuhl. Immer noch ist sie auf der Suche nach einer medizinischen Behandlung, die ihr wenigstens das Laufen wieder ermöglicht.

    Steiß- und Kreuzbein gebrochen, lautete im Unfall-Krankenhaus die Diagnose nach dem Sturz auf dem Kemptener Rathausplatz. Acht Wochen laborierte die Frau an diesen Verletzungen. Gegen plötzlich aufgetretene Kopf- und Nackenschmerzen verordneten die Ärzte Schreck zufolge eine Halskrause.

    Als die Beschwerden immer schlimmer wurden, ließ sie Röntgen- und Kernspin-Aufnahmen der Halswirbelsäule machen. Detailliertere Bilder habe die Krankenkasse wegen der hohen Kosten abgelehnt. 'Da fühlte ich mich wie ein Mensch zweiter Klasse', erinnert sich die Mutter zweier Söhne.

    Ende Juli linderten selbst Opiate die Schmerzen nicht mehr. In der Ulmer Uni-Klinik wurde schließlich die bis dato verweigerte Aufnahme gemacht ­ und lieferte ein überraschendes Bild: Erster und zweiter Halswirbel waren angebrochen, ein Band an der Wirbelsäule gerissen, das andere beschädigt. 'Die Ärzte sagten mir, dass ich 1000 Schutzengel hatte. Eine Vollbremsung im Auto hätte wahrscheinlich gereicht, mein Genick zu brechen.'

    In einer siebenstündigen Operation erhielt Schreck ein Titangestell eingesetzt, das die Wirbelsäule im Halsbereich stützt. Bis Januar 2001 zogen sich die Reha-Maßnahmen. Doch die Odyssee durch medizinische Abteilungen sollte für die 37-Jährige nicht beendet sein.

    Kaum zwei Wochen nach ihrer Heimkehr traten Lähmungen in den Unterschenkeln auf, die Ärzte standen vor einem Rätsel. Über die Neurologie in Kaufbeuren gelangte die Patientin Anfang Februar wieder nach Ulm. Mit dem Verdacht auf eine psychische Blockade überstellten die Ärzte Schreck in die Psychiatrie. '14 Wochen lang kam ich mir vor wie ein Versuchskaninchen', erzählt Schreck. Doch die Untersuchungen blieben ohne Ergebnis.

    Mehrere Ärzte hat Marika Schreck zuletzt wieder abgeklappert. Die jüngste Vermutung lautet auf eine Rückenmarksentzündung im Halswirbelbereich. 'Möglicherweise ausgelöst durch den Titankörper', sagt Schreck. Zurzeit liegt sie wieder stationär in Ulm.

    Kosten von 40 000 Mark

    Für das Ehepaar Schreck und ihre Kinder ist seit dem 26. Dezember 1999 nichts mehr wie es vorher war. 'Mein Vier-Jähriger kennt die Mama nur noch aus dem Krankenhaus.' Mittlerweile steht die Familie auch finanziell vor dem Abgrund: 'Auf 40 000 Mark summieren sich bisher die Kosten', hat Schreck zusammengerechnet. Nicht geklärt ist bislang, ob der Frau Schadenersatz zusteht. Gegenüber der Stadt macht sie Ansprüche geltend, weil der Weg entlang des Rathausplatzes seinerzeit nicht geräumt gewesen sei. Eine Verkehrssicherungspflicht sieht die Verwaltung dort allerdings nicht. Und auch vom Landgericht wurde bereits beschieden, dass die Klage wenig Aussicht auf Erfolg hat.

    Seit Marika Schreck im Rollstuhl sitzt, sei auch der Bekanntenkreis merklich geschrumpft. Nurmehr die treuesten Freunde unterstützten die Kemptener Familie. Wie es nun weiter geht, wissen die Schrecks noch nicht. Vor zwei Jahren wollte die 37-Jährige noch ins Transportunternehmen ihres Mannes einsteigen. Mittlerweile musste Jürgen Schreck seine Firma Gründen aufgeben ­ sobald seine Frau wieder nach Hause kann, steht ihm eine Bandscheibenoperation bevor. Ein vermeintlich simpler Sturz hat das Leben von Marika Schreck völlig verändert. Sie sitzt mittlerweile im Rollstuhl. Foto: privat

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