Von Gerhard Metz|ObergünzburgWas vor 20 Jahren als Initiative Einzelner begann, steht heute auf breiter Basis. Die Idee, gegen alle wirtschaftlichen Zwänge eine vom Aussterben bedrohte Milchviehrasse zu erhalten, wird nicht mehr belächelt, sondern respektiert.
Es war ein ungewohntes Bild, dass sich den Besuchern auf der 'Rösslewiese' in Obergünzburg parallel zum Günztal-Marktfest bot: Kühe mit Hörnern und Kuhschellen, Blasmusik und Trachtlertanz. Es war aber keine Veranstaltung eines Trachten- oder Tourismusvereins, sondern die erste offene Viehschau des Allgäuer Originalbraunviehzuchtverbandes anlässlich seines 20-jährigen Gründungsjubiläums. Landwirtschaftsminister Josef Miller hatte dafür die Schirmherrschaft übernommen. Vertreter des Landwirtschaftsministeriums, Zuchtleiter und Vertreter der großen Besamungsstationen gaben sich in Obergünzburg ein Stelldichein.
Als vor etwa 45 Jahren im Allgäu die Einkreuzung von Braunvieh aus den USA (Brown Swiss) begann, wurde die heimische 'Ur-Form' des Braunviehs immer mehr verdrängt. 1988 waren in der Milchleistungsprüfung bayernweit nur noch 1138 Kühe ohne Brown Swiss-Genanteil gemeldet.
Mit der Verdrängungszucht veränderte sich auch das Aussehen der Kühe. Die Tiere wurden größer, schlanker und hatten deutlich bessere Euter. Dies wirkte sich positiv auf die Milchleistung aus. Das Einzige was blieb, war die einheitlich braune Farbe. So kam eigentlich niemand auf die Idee, dass das Braunvieh aussterben könnte.
Lebendiges Kulturgut und genetische Vielfalt sichern
Die Gründungsmitglieder des Vereins sehen dies bis heute anders. Mit der Einkreuzung von US-Blut gehe ein Stück lebendiges Kulturgut und eine wichtige Ressource genetischer Vielfalt verloren. Der Wert einer robusten Zweinutzungsrasse (Milch und Fleisch) stand auf dem Spiel. Der Verein mit seinen gut 100 Mitgliedern aus Bayern und Baden- Württemberg versucht dem seit 20 Jahren entgegenzutreten. Obwohl sich die Strukturen in der Landwirtschaft stark verändert haben, ist der Bestand an original Braunvieh (OB) relativ gleich bleibend, mit leicht positiver Tendenz.
Doch Gründungsmitglied Dr. Wolfgang Kustermann warnt vor zu viel Optimismus: 'Angesichts der rasanten Strukturveränderungen wird nur mit vereinten Kräften von Züchtern, Tierzuchtorganisationen, und Politik die Erhaltung des Original Braunviehs für weitere 20 Jahre zu schaffen sein'.
Den Ausstellern trübten diese Gedanken jedoch nicht die Stimmung. Die etwa 60 Tiere aus 28 verschiedenen Betrieben waren besonders herausgeputzt und für Zuchtleiter Stefan Rist und Georg Mayr aus Ebersbach war es eine Ehre, sie richten zu dürfen. Dabei stießen sie immer wieder auf eine Diskrepanz innerhalb der OB-Zucht. Während ein Teil der Züchter am alten Allgäuer Schlag fest hält, versucht der andere über die Einkreuzung von Original Braunvieh aus der Schweiz (mehr Milchcharakter) die Wirtschaftlichkeit zu verbessern.
Weil man Äpfel und Birnen schlecht miteinander vergleichen kann, wurde am Ende der Schau eine Siegerin mit Allgäuer Abstammung und eine Gesamtsiegerin über alle Blutlinien und 'Nationalitäten' hinweg gekürt. Amtsrat-Tochter Vreni von Xaver Rietzler aus Willofs (rein Allgäuer Braunvieh) und Winkel-Tochter Heike von Ludwig Prinz aus Blöcktach (Gesamtsiegerin) hatten hier die Nase vorn.