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Ein Paket an Energie

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Ein Paket an Energie

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    Von Albert Hefele Memmingen - Irgendwie sind die Senioren auch nicht mehr das, was sie dereinst waren. Gehört sich das? Ungehörig wild ins Saxophon blasen und Sachen wie: 'Shake everything you got!' ins Mikro zu brüllen. Also alles schütteln, was man hat - was soll denn das bedeuten? Sollten Leute in diesem Alter sich nicht um anderes kümmern? Enkel hüten zum Beispiel?Kein Witz: In zwei Jahren kommt Saxophonist Maceo Parker, der im Memminger Maximilian-Kolbehaus gastierte, ins Rentenalter. Spielen tut er, als wäre er grade bei den 'Junior Blue Notes' eingestiegen, seiner allerersten Band. Funk scheint irgendetwas mit Energie zu tun zu haben. Und zwar Energie, die man gibt, aber durchaus auch welche, die man kriegt. Vom Publikum nämlich. Wer hat Memminger Zuhörer das letzte Mal so enthemmt gesehen? Viele haben getanzt. Das ist die Wahrheit. Wie das geht? Gar nicht so schwer, wenn man die richtigen Tricks beherrscht. James Brown, der Gottvater des Funk würde raten: suche dir einen eingängigen Riff und hau' ihn dem Publikum ohne Unterlass um die Ohren. Aber: Es darf nicht langweilig werden. Das wiederum ist leichter gesagt, als getan. Denn dazu braucht man die richtigen Musiker in der Band. Zum Beispiel einen Bassisten wie Rodney ‘Skeet‘Curtis. Ein Mensch wie ein Berg, der offensichtlich keine Ahnung hat, was das Wort 'Diät' bedeutet. Und der mit seinem Instrument organisch verschmolzen zu sein scheint. Gemeinsam mit Schlagzeuger Jamal Thomas lässt er es dampfen und stampfen, als würde sich ein sehr träges aber sehr kräftiges, geschmeidiges Tier in Bewegung setzen.

    Oder als würde sich dort oben auf der Bühne ein gewaltiges Gewitter zusammenbrauen. Bruno Speight, der Gitarrist, ist für die kleinen elektrischen Entladungen zuständig. Noch keine richtigen Blitze, man spürt lediglich, wie die Luft zu knistern anfängt und sich langsam die Nackenhaare aufstellen. Und dann treten zwei soliden Herren aus den Falten des Bühnenvorhangs, die offensichtlich einer Versicherungsagentur entsprungen sind. Wenn sie aber ihre Blasinstrumente ansetzen, ist es im Nu um ihre Seriösität geschehen. Ein Bläsersatz wie eine scharfe und wütende Entladung. Jetzt bricht das Funk-Gewitter los! Dieser Bläsersatz läßt Brillengläser bersten und Mauern einstürzen. Dieser Bläsersatz bereitet die Bühne für den Meister. Maceo Parker schreitet herbei. Ein ernst, geradezu düster blickender schwarzer Herr, der seine Laserblicke ins Publikum sendet. Man erschaudert sachte, er meint es aber gar nicht böse. Im Gegenteil: Mr. Parker ist an diesem Abend außerordentlich gut gelaunt und zu allerlei Schnurren aufgelegt. Mal rezitiert er Shakespeare, oder was er dafür hält. Mal lässt er Ray Charles und dessen 'You don‘t know me' auferstehen. Vor allem aber spielt er Saxophon. Und dafür ist er zu Recht berühmt geworden, in den Bands von James Brown und George Clinton. Ein Saxophon, das in jeder Phrase, in jedem Ton swingt und groovt und funkt. Oder wie immer man es nennen will. Es gibt keinen Namen für die Magie, die den Schalter umlegt, die uns - ob wir wollen oder nicht - dazu bringt, mit dem Unterleib zu kreisen.'Shake everything you got!' War da einer im Kolbe-Haus, der diesem Befehl des Meisters nicht gefolgt wäre?

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