Berlin/Ostallgäu (mar). - Während sich der neue Bundestag zusammenfindet, heißt es für Sigrid Skarpelis-Sperk Kisten packen. Nach 25 Jahren, in denen sie für die SPD den Wahlkreis Ostallgäu erst in Bonn und dann in Berlin im Parlament vertrat, tritt die 60-Jährige nun so etwas wie einen Ruhestand an - mit noch immer vielen Verpflichtungen. Dass sie sich gleichzeitig vom Bundestag und vom Ostallgäu verabschiedet, hat ganz persönliche Gründe: Ihr Mann Constantin Skarpelis ist unheilbar krank. Wegen der extrem seltenen Krankheit von Constantin Skarpelis sucht die Familie die Nähe eines der vier Behandlungszentren, die es dafür in Deutschland gibt. 'Davon ist leider keines im Allgäu oder in Schwaben', so Sigrid Skarpelis-Sperk. Wohl aber in Bonn und Berlin - zwei Städte, in denen sie auch als Bundestagsabgeordnete zu Hause war. Noch möglichst viel gemeinsame Zeit mit ihrem Mann verbringen und die Chance, von den neusten Forschungsergebnissen der Uniklinik Bonn und der Berliner Charité profitieren zu können, erhofft sie sich davon. Doch auch wenn sie ihren Haushalt in Pfronten auflöst, möchte Sigrid Skarpelis-Sperk künftig so viel Zeit wie möglich im Ostallgäu verbringen. 'Früher, wenn es in Richtung Flughafen München oder sonst irgendwo hin ging, habe ich mich immer gefragt: ’Warum tust Du Dir das an?'', so Skarpelis-Sperk: 'Warum legst Du Dich nicht einfach mal auf Deine Terrasse und genießt den Blick auf die Berge oder gehst wandern?' Das nun zumindest ein wenig nachzuholen, hat sie sich fest vorgenommen: 'Ich werde deshalb jede Gelegenheit ergreifen, ins Ostallgäu zurückzukehren.'Vorerst hat sie aber noch viel Arbeit in Berlin, wo sie ihr Büro komplett räumen muss: Daten aus der EDV-Anlage müssen gesichert und Bücher eingepackt werden. 'Und das eine oder andere lese ich jetzt endlich auch mal', so Skarpelis-Sperk. Noch ist sie allerdings auch damit beschäftigt, die 'internationalen Sachen', mit denen sie sich im Bundestag beschäftigt hat, auf Bitte ihrer Fraktion zu Ende zu bringen: beispielsweise die Verhandlungen über die EU-Dienstleistungsrichtlinie und die Verhandlungen mit der Welthandelsorganisation WTO. 'Ich bin auch noch zu einigen internationalen Konferenzen eingeladen', sagt die Politikerin. 'Ich habe zwar nachgefragt, ob das noch gilt, jetzt wo ich nicht mehr im Bundestag bin', so Sigrid Skarplis-Sperk: 'Aber es hieß nur: Schön, dann kannst Du ja ein paar Tage länger bei uns bleiben!’'
Rat in Berlin gefragt Auch in Berlin sei ihr Rat jetzt gefragter als vor ihrem Abschied aus dem Bundestag, sagt Skarpelis-Sperk: 'Ich bin jetzt keine Konkurrenz mehr.' Allerdings werde es sicher ein paar Momente geben, in denen sie bedauert, nicht mehr selbst mitbestimmen zu können. 'Ich bin ein politisches Wesen durch und durch und das werde ich auch bleiben.' Intensiv verfolgt sie deshalb, was derzeit in Berlin passiert. 'Es hätte mich sicher nicht gefreut, an mehreren Wahlgängen zum Bundestagspräsidium teilnehmen zu müssen', meint sie mit Blick auf die gescheiterte Wahl von Lothar Bisky von der Linkspartei zum Bundestagsvizepräsidenten. Die große Koalition sehe sie zwar kritisch, aber auch als Chance, überfällige Dinge beispielsweise mehr öffentliche Investitionen in Schulen und Straßen sowie in Bildung und Forschung anzugehen: 'Eine große Koalition kann etwas bewegen, ohne im Bundesrat von der jeweils anderen Seite blockiert zu werden.' Allerdings habe die große Koalition den Druck, bei den drängenden Problemen wie der Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit oder in der Bildungs- und Forschungspolitik etwas bewegen zu müssen, 'sonst enttäuschen die großen Parteien ihre Wähler und unsere Parteienlandschaft zersplittert, wie es in einigen anderen europäischen Ländern der Fall ist.'Die gewandelten politischen Verhältnisse hätten dabei auch erhebliche Konsequenzen für die CSU, meint Sigrid Skarpelis-Sperk mit einem kleinen Seitenhieb nach München: 'Vielleicht werden die Schwaben in einem neuen bayerischen Kabinett ja besser mit eingebunden. Das wäre für die Region sehr wichtig.'