Von unserem Redaktionsmitglied Freddy Schissler, Kempten/Berlin - Diese drei Jahre wird Susanne Schütz vermutlich dick unterstreichen in ihrem Lebenslauf und rot zudem. Drei Jahre, 'in denen ich einiges dazugelernt habe und die sehr ereignisreich waren'. Drei Jahre bei den Berliner Philharmonikern. Zwar 'nur' als Aushilfe, aber immerhin. 26 Jahre ist die Geigerin, gebürtige Kemptenerin, und wer in diesem Alter längere Zeit unter Claudio Abbado arbeiten durfte, muss über Können und Referenzen verfügen. Zum Beispiel über jene: 1. Preis beim Ibolyka-Gyarfas-Wettbewerb Berlin, Stipendiatin der Menuhin-Stiftung 'Live Music Now' und Villa Musica, Studium-Ende an der Hochschule der Künste Berlin mit dem Diplom (mit Auszeichung) und anschließender Assistenz von Professor Thomas Brandis, Konzert-Examen, festes Mitglied beim Berliner Ensemble 'Oriol' unter Leitung von Anna Carewe, Ariadne Daskalakis und Florian Donderer. Mit sieben Jahren hat Susanne Schütz in der Kemptener Sing- und Musikschule ihren ersten Violinunterricht bekommen. Heute ist sie einige Schritte weiter. Die Musik ist ihr Beruf, Berlin und Stuttgart ihr neues Zuhause. 'Obwohl das Allgäu immer meine Heimat bleiben wird', wie Susanne Schütz betont. Und sie in dieser Region auch regelmäßig auf der Bühne stehen will. Zum Beispiel am 19. Januar im Fürstensaal der Kemptener Residenz, wenn sie zu einer Kammermusik-Matinee mit Pianist Paul Rivinius lädt. Konzerte und Unterricht geben - diese Kombination beherrscht momentan ihr Leben. Als Assistentin von Brandis gibt sie den Ton und die Richtung in der Solistenklasse an, wenn der Professor auf (Konzert-)Reisen ist. 'Keine leichte Aufgabe', wie sie sagt.
Eher eine Herausforderung. Denn plötzlich unterrichte sie Leute, mit denen sie zuvor studiert hatte. Mit denen sie auf einer Stufe stand. Hin und wieder beschleiche sie deshalb ein komisches Gefühl, gesteht Susanne Schütz. Was freilich nichts daran ändere, dass ihr diese Lehrtätigkeit nach eigenen Worten sehr viel Freude bereite. Andererseits gibt es die Konzertmusikerin Schütz. Die Zeit bei den Philharmonikern hat sie inzwischen beendet und ein neues Engagement unter Dach und Fach. Beim Ensemble 'Oriol' in Berlin ist sie Mitglied, das sich 1987 in der Hauptstadt formierte und im Bereich der Kammermusik etablierte. Heute ist das Ensemble Teil der Kammerakademie Potsdam und das Hausorchester des Nikolaisaals. Weshalb 'Oriol' und nicht mehr Philharmoniker? Sie wolle sich nicht festlegen, nicht spezialisieren, antwortet die Kemptenerin auf diese Frage. Und in einem Kammerorchester sei der Einzelne viel wichtiger als im großen Orchester. 'Da kann sich keiner verstecken. Das reizt mich'. Kein Spezialensemble für nur eine Epoche, beschreibt sich 'Oriol' selbst, vielmehr kümmere man sich um zeitgenössische Musik ebenso wie um die Lebendigkeit älterer Werke. Diese Vielseitigkeit hat Susanne Schütz schätzen gelernt. Berlin (dort arbeitet sie), Stuttgart (dort wohnt sie), Allgäu (dort fühlt sie sich zu Hause): auch der Lebensrhythmus der 26-Jährigen ist nicht gerade von Einseitigkeit gekennzeichnet. i In der Matinee am 19. Januar (11 Uhr) im Fürstensaal in Kempten sind zu hören: Brahms' Sonate G-Dur op. 78, Schuberts Fantasie C-Dur, Ravels Sonate G-Dur.