Kaufbeuren | AZ | Viele Besucher fanden den Weg ins Haus St. Martin zur Eröffnungsveranstaltung des "Festivals der Vielfalt", bei dem es um das Verständnis zwischen den verschiedenen Kulturen in der Stadt geht. Gut hundert Besucher aller Altersgruppen verfolgten Reden, Film und Podiumsdiskussion. Nach den einleitenden Worten von Diakon Wolfgang Stock, dem Gesamtkoordinator des Festivals der Vielfalt, sprach Kaufbeurens Bürgermeister Gerhard Bucher. Er stellte fest, wie wichtig Dialog und Toleranz für eine Stadt wie Kaufbeuren sind, in der 92 verschiedene Nationen zu Hause sind. "Wenn alle an einem Strang ziehen, lässt es sich hier gut leben", sagte Bucher, stolz darauf, dass Kaufbeuren erst kürzlich für seine Integrationsarbeit ausgezeichnet wurde und nun einer der 69 "Orte der Vielfalt" Deutschlands ist.
Gegenseitiges Kennenlernen sei wohl die effektivste Methode, um Vorurteile zwischen Menschen verschiedener Kulturen auszuräumen, stellte Joachim Schön, Leiter der VHS Kaufbeuren und Veranstalter des Eröffnungsabends, fest. Eben diesen Gedanken brachte auch der anschließend gezeigte Film "Luise - eine deutsche Muslima" zum Ausdruck, der 2008 mit dem Adolf-Grimme-Preis ausgezeichnet wurde. Im Film sieht sich Rita, Luises Mutter, damit konfrontiert, dass ihre Tochter zum islamischen Glauben konvertiert. Irritierend wirkt Ritas Sehnsucht nach "einer ganz normalen Tochter", ihr immer wieder formulierter Gedanke "Was habe ich falsch gemacht?". Interessanterweise äußerten in der nachfolgenden Podiumsdiskussion die islamischen Gäste den gleichen Gedanken - als Diskussionsleiterin Tine Kugler sie mit der Frage konfrontierte, was sie empfinden würden, wenn eines ihrer Kinder zu einem anderen Glauben konvertierte.
"Ich würde mich fragen: Was habe ich falsch gemacht? Es wäre bitter", stellt Mukkader Coscun fest, um dann zu bemerken, dass dies letztlich aber ein zu akzeptierender Schritt wäre, insbesondere da Toleranz im Islam einen sehr hohen Stellenwert habe.
Die Diskussionsrunde mit dem evangelischen Pfarrer Thomas Kretschmer, dem katholischen Pfarrer Werner Appelt, Resit Sevimli vom Islamischen Kulturverein sowie Immam Erdem Hüseyin und Mukkader Coskun vom Türkisch-Islamischen Verein, war geprägt vom Interesse an der islamischen Kultur und vom Bemühen, diese Kultur begreifbar zu machen. Zahlreiche Wortmeldungen aus dem Publikum führten zu einer lebhaften, zuweilen emotionalen Diskussion. Beide Vertreter der islamischen Kulturvereine luden dazu ein, die begonnene Diskussion am Tag der offenen Moschee am Samstag, 11. Oktober, fortzuführen.
Das Festival der Vielfalt findet noch bis zum 19. Oktober statt. Interessierte haben die Möglichkeit, an fast 20 Veranstaltungen teilzunehmen.
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