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Ein Allgäuer entschlüsselte die Gene

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Ein Allgäuer entschlüsselte die Gene

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    Von Ralf Lienert, Kempten - Der Kemptener Arzt Dr. Max Madlener gehört zu den Pionieren der modernen Gentechnik. Zu diesem Schluss kommt der Freiburger Professor Dr. Klaus Bender. Er fand heraus, dass der Kemptener Mediziner vor mehr als 75 Jahren den Grundstein zur Entschlüsselung des menschlichen Erbguts legte. Bei Archivarbeiten kam die Pioniertat nun ans Licht. Bislang galt der Engländer J. B. S. Haldane als Begründer der modernen Humangenetik. Doch bei genauerer Untersuchung stellte Bender fest, dass sich der Brite 1936 auf eine Arbeit des Kemptener Hofrates von 1928 bezog. Damals entschlüsselte Madlener die ersten beiden Gene. 'Ein bahnbrechender Befund', so Bender. Erst 1968, also genau 40 Jahre später, wurde in den USA das dritte Gen lokalisiert. Mit dem so genannten Duffy-Gen wurden damals Antikörper bei Blutern bestimmt. Im Archiv für Rassen- und Gesellschaftsbiologie entdeckte Bender, der von 1979 bis 1999 eine Professur am Freiburger Universitäts-Institut innehatte, die Arbeit über eine Bluterfamilie. Madlener, damals leitender Arzt des Distriktspitals in Kempten (heute Klinik Memminger Straße) hatte bei drei Blutern die Rotgrün-Blindheit festgestellt und erkannt, wie es vererbt wird. In seiner Arbeit gelang ihm die Zuordnung der ersten beiden Gene, nämlich das der erblichen Bluterkrankheit und das der erblichen Rotgrünblindheit anhand einer umfangreichen Familienstammbaum-Analyse. Der Name Madlener war dem Freiburger Professor wohl bekannt.

    Er selbst war im April 1944 mit seiner Mutter aus Köln geflohen und kam bei seinem Opa, dem Kemptener Fabrikanten Erwin Kremser unter. Dessen bester Freund war Max Madlener. Der Mediziner war 1868 in Memmingen geboren worden und hatte in München studiert. 1896 ließ er sich in Kempten nieder und wurde 1912 zum königlich-bayerischen Hofrat ernannt. 1928 wählte ihn die Vereinigung der Bayerischen Chirurgen zum Vorsitzenden. 1940 erhielt er die Silberne Medaille für Volkspflege. Laut Stadtarchiv Kempten taucht Madlener in den Akten des Entnazifizierungsverfahrens nach Ende des Zweiten Weltkrieges nicht auf. Somit gilt er nicht als Anhänger des Nationalsozialismus. 'Der Hofrat' ist vielen älteren Kemptenern noch heute in Erinnerung, war er doch bis zu seinem Tod 1951 im Dienst, als Chefarzt von 1900 bis 1947. Für die Entwicklung dreier Operationsverfahren ist Madlener bis heute bekannt: Die palliative Magenresektion (Teil des Magens entfernen) beim besonders hoch im Magen oder tief im Zwölffingerdarm sitzenden Geschwür, die Sterilisation der Frau durch Tubenquetschung und eine Operation bei Speiseröhrenverätzungen, bei der dem Patienten ein Stück Dünndarm eingesetzt wurde. Der Familie Madlener werden noch weitere Pioniertaten zugerechnet. Im Winter 1895/96 begann der Arzt mit Freunden das Skilaufen. Am 21. Februar 1897 bestiegen Dr. Madlener und F. X. Euringer erstmals mit Skiern den Gipfel des Stuiben, eine Woche später den Gipfel des Grünten. 1901 stand der spätere Hofrat zusammen mit Skifreunden erstmals auf dem Sonnenkopf. Wenig später bezwang eine Gruppe mit Madlener das Nebelhorn mit Skiern. Für seine Leistungen wurde Madlener zum Ehrenbürger Kemptens ernannt. Noch heute erinnert die Straße am ehemaligen Kreiskrankenhaus an den Mediziner.

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