Sonthofen: "Echte Liab is schlecht fürs Gschäft"

14. Januar 2009 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung

Parodien - Die "Opernbayern" deuten in Sonthofen eigensinnig, augenzwinkernd und charmant Werke des Musiktheaters

Es wird geliebt, gelitten und gestritten. Drama prall und pur, Irren und Wirren der Helden, Abgang eher tot als siegreich. Kein Wunder, dass es erklärte Enthusiasten für die Oper gibt, wie Kulturfreunde, die jenen Tempeln lieber fernbleiben. Das schreit geradezu nach alternativer Aufbereitung, wie kürzlich in der Sonthofer Kultur-Werkstatt: Volkstheater mit Unterhaltungslust gegen elitäre Hochkultur.

Die "Opernbayern" stürzen sich tapfer in die "lodernden Flammen" des "Troubadours", verfolgen danach "La Traviata", die vom Weg Abgekommene, durch die weiß-blaue Dialekt-Brille. "Auf schlürfet in vollen Zügen" von Harfe, Zither & Co. gereicht, statt von Diva, Dirigent samt Orchesterapparat.

Die "wahre Gschicht"

Das (Ober-)Bayerisch entfaltet tatsächlich in schierem Wettkampf mit dem melodischen Italienisch prächtige Blüten, wenn Johanna Wolff von Schutter und Peter Seitz den "Troubadour" genüsslich in "an Haufa Durcharanand überanand" umschmeißen, aus Koloratur Sprachfarbe quetschen. Das abstrahiert gewaltig, kommt dafür auf den Kern und präsentiert frackfrei und ungeschminkt die "wahre Gschicht".

Die Autoren, mit Henner Quest auch Verleser der Libretti, kreieren als profunde Dialektkenner manchen Sprachspaß, ohne in Derbheiten zu verfallen. Auch wenn der Respekt zum Original begrenzt ist, muss der wahre Opernfreund kein "Hab Erbarmen" anstimmen. Die "Opernbayern"-Parodien gefallen mit besonderem Charme, als eigensinnige Ausdeutung von Buch, Handlung und Charakteren. Lachen ist durchaus erlaubt, nicht nur, wenn ein Reim mit Hinterlist gebogen wird.

Schluss mit lustig

Die Musikanten indes in ihre Noten vertieft, als sei die Kultur-Werkstatt ein finsterer Orchestergraben. Schluss mit lustig, wenn "La Traviata", na: "Echte Liab is schlecht fürs Gschäft", auf Saiteninstrumente aus dem Alpenland verschoben wird.

Herbert Schmelzer hat mit "ihres Auges Zauberblick" Verdis Noten, mit eigenem Herzblut versetzt, zu einem bekömmlichen Cocktail, Geschmacksnote gute Volksmusik, gerührt.

Die gießen Gabriele Prediger und Barbara Schmelzer (Gitarre), Herbert Schmelzer (Zither), Stefanie Hampel (Harfe) und Bernhard Mahne (Kontrabass) konzentriert wie im Opernhaus und musikantisch zugleich in eigenständige Klangbilder, arien-geschmeidig, begleit-sicher, ensemble-kräftig.

Oper mit Augenzwinkern, ein lustig-listiger Blick hinter den Bühnenvorhang. Garantiert staubfrei.