Sonthofen/Oberallgäu | Von Peter Schwarz: Drogen-Dunst aus Flower-Power-Zeit

17. Dezember 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung

Amtsgericht - Zwei Rauschgift-Konsumenten müssen im fortgeschrittenen Alter die Kurve kriegen, sonst droht ihnen Gefängnis

Flower-Power-Zeit? An die Epoche der Hippies in den 70ern erinnern sich romantisierende in die Jahre gekommene Zeitgenossen immer noch gerne. Eine freiere und bessere Zeit damals? Vor dem Amtsgericht Sonthofen mussten sich jetzt zwei ältere Semester - beide mit schütterem und zu einem Zopf zusammengebundenen Haupthaar - verantworten: fortgesetzter Drogenkonsum. Die Macht der Blumen von einst hinterließ bei der Richterin keinen Eindruck. Beide Angeklagten schrammten wegen verbotenen Besitzes von Marihuana und Rauschgift gerade soeben an einem Aufenthalt hinter Gittern vorbei, der zwei Jahre betragen hätte. Sie müssen sich aber auf fünf Jahre als dauerhaft "clean" bewähren und obendrein Geldbußen von 5000 und 2000 Euro berappen.

Eine Zivilstreife der Polizei hatte beobachtet, wie einer der beiden Altbekannten beim Kumpel vorbeischaute. Die Hausdurchsuchung unter Einsatz eines Rauschgifthunds bei beiden förderte weit mehr als ein halbes Pfund Rauschgift zutage, ein beträchtlicher Teil des Marihuanas und Haschischs in einem Rucksack deponiert, daneben Päckchen, verdächtige Zettel mit Telefonnummern und Preisetiketten. Hatte die Polizei einen Drogendealer-Ring gesprengt?

Der Staatsanwalt bemühte sich zwar nach Kräften, die beiden "Alt-Hippies" der gewerbsmäßigen Drogen-Umverteilung zu überführen und baute dabei auf Kripo-Aussagen.

Letztendlich reichte aber die Beweislast nicht aus, zumal das Duo der Alt-Hippies selbst und deren Verteidiger nach Kräften glaubhaft zu machen suchten, dass das "Gras" lediglich zum Eigenkonsum bestimmt gewesen sei. "Ich bin halt in der Flower-Power-Zeit aufgewachsen", gab der eine der beiden zu Protokoll. Zur abendlichen Entspannung rauche er halt gern ein wenig mit Kumpels.

Der andere übte Zurückhaltung. Die Bemerkung von Richterin Brigitte Gramatte-Dresse, er möge sich doch in die Lage des Gerichts versetzen, konterte er ungerührt: "Ich kann Ihnen Ihre Arbeit nicht abnehmen." Immerhin räumte der Angeklagte ein, das Geld für die üppigen Rauschgiftmengen durch eine Erbschaft des heroinabhängigen und inzwischen verstorbenen Bruders zusammenbekommen zu haben.

Staatsanwalt gegen Bewährung

Der Staatsanwalt wollte beide Zopfträger ohne jegliche Bewährung hinter Schloss und Riegel wissen, obwohl Konsument Nummer zwei anders als sein Kumpel keinerlei Vorstrafen im Register aufzuweisen hatte. Die Verteidiger versuchten die "Kiffer-Freunde" als minderschwere Fälle herauszupauken, zumal ja außer den Beteiligten niemand sonst geschädigt worden sei.

Die Richterin bewahrte beide ein allerletztes Mal vor schwedischen Gardinen, machte aber durch die aufgezwungene ungewöhnlich lange Bewährungszeit gleich von fünf Jahren deutlich, dass eine Rückkehr zum bislang gewohnten Feierabend-Joint unweigerlich im Knast endet. "Dann muss ich halt in den sauren Apfel beißen", resignierte der eine Alt-Hippie. Die Urteile sind inzwischen rechtskräftig.