Es ist schon ein ganz besonderes Erlebnis, wenn 14 Oberstdorfer Männer, von Kopf bis Fuß gekleidet in ein grünes Gewand aus Tannenbart, in der Oybele-Halle den mystischen "Wilde-Mändle-Tanz" aufführen. Nur alle fünf Jahre wird das eindrucksvolle Schauspiel aus keltischer Vorzeit gezeigt. Ab dem 5. Juni ist es wieder so weit.
Beim Wilde-Mändle-Tanz mitwirken zu dürfen, bleibt den Nachkommen der alteingesessenen Oberstdorfer Familien vorbehalten. Es sei eine große Ehre, zu dieser Gruppe zu gehören, sagt Tanzmeister Toni Huber: "Der Wilde Mändle Tanz ist etwas ganz Besonderes. Jeder von uns freut sich darauf. In dieser Zeit gibt es für uns nichts anderes - keinen Urlaub, aber viele Proben." Und die Besucher kommen von weit her nach Oberstdorf. "Viele sehen sich gleich mehrere Aufführungen an."
Die Proben fürs Wilde-Mändle-Jahr 2010 haben längst begonnen. Es sei nicht einfach, die typischen Bewegungen einzustudieren, die den Tanz ausmachen, sagt Huber. "Die Wilden Mändle gehen nicht, sie springen und stampfen. Von diesen ungewohnten Bewegungsabläufen bekommt jeder erst mal einen anständigen Muskelkater.
" Sorgfältig einstudiert werden auch Figuren wie "Altar" oder "Große Pyramide", bei dem ein Tänzer auf dem Rücken oder auf den Schultern des anderen steht. Ein bisschen sportlich müsse man schon sein.
50 Stunden an der Nähmaschine
In den Familien sitzen die Frauen oder Freundinnen an ihren Nähmaschinen und schneidern das "Häs" für die Tänzer. Schon im Spätherbst wurde der Tannenbart gesammelt, den es nur in 1300 bis 1600 Metern Höhe gibt. Mittlerweile ist Tannenbart im Oberallgäu rar geworden und so müssen die Tänzer zum Sammeln bereits bis nach Österreich und in die Schweiz fahren. Drei große Rupfensäcke voll braucht man mindestens für ein komplettes Häs. Zu Hause wird der Tannenbart sorgfältig ausgerupft und sortiert: Die langen Stücke braucht man für den
Kinnbart, die dunklen für den
Oberlippenbart. Der Tannenbart wird mit einem speziellen Sattlergarn lagenweise auf einen Arbeitsanzug genäht. Rund 50 Stunden Arbeit an der Nähmaschine dauert es schon, bis ein Wilde-Mändle-Häs ganz fertig ist, bis die Kapuze benäht und die Turnschuhe beklebt sind. Vor jeder Aufführung werden der Kranz aus Stechholderblättern und der Gürtel aus Tannenzweigen neu geflochten und nach jeder Aufführung muss das Häs wieder geflickt und ausgebessert werden. Ein komplettes Wilde-Mändle-Gewand wiegt fast zehn Kilo. "Da kommt man auf der Bühne ganz schön ins Schwitzen", sagt Tanzmeister Huber. Die Hände bleiben beim Tanz unbedeckt. "Man muss bei den Figuren ja richtig zupacken können." Die Gruppe der "Wilden Mändle" gehört zum Trachtenverein. Und da wird sehr darauf geachtet, dass der 2000 Jahre alte Tanz nicht kommerzialisiert wird.
Deshalb finden auch nur alle fünf Jahre Aufführungen statt. Diesmal gibt es sogar einen Tanz am Renksteg unter freiem Himmel. "Wollen wir hoffen, dass das Wetter hält", meint Huber.
Eintrittskarten zu den Veranstaltungen vom 5. Juni bis zum 25. September gibt es bei Tourismus Oberstdorf unter Telefon 08322/700-290.