Buchloe (mel). Dr. Ambros Ablasser, Chefarzt am Buchloer Krankenhaus, referierte diese Woche für die Volkshochschule über Erkrankungen der Herkranzgefäße. Internist und Oberarzt Dr. Karl-Heinz Seidel widmete sich zusammen mit einem Kollegen vom BRK gestern anlässlich der Deutschen Herzwoche dem Thema 'Herzinfarkt: Jede Minute zählt'. Genau dieser 'dramatisch wichtige Zeitfaktor' sei den meisten Menschen nicht bewusst, warnt der 50-jährige Seidel.
Sie beklagen ein nach wie vor großes Informationsdefizit der Bevölkerung in Sachen Herzinfarkt . . .
Seidel: Mir liegt vor allem daran, den Menschen klar zu machen, wie dramatisch wichtig der Zeitfaktor bei einem Herzinfarkt ist. Bei 70 bis 80 Prozent der tödlich verlaufenden Herzinfarkte tritt der Tod nämlich in den ersten Minuten bis innerhalb der ersten Stunde ein, zum Beispiel zu Hause oder am Arbeitsplatz. Insgesamt erleiden in Deutschland zirka 260 000 Menschen jährlich einen Infarkt und etwa 100 000 sterben daran. Deshalb gilt: Wenn ein Patient die klassischen Herzinfarkt-Symptome hat etwa Brustenge, Atemnot, zum Teil Todesangst, Schmerzausstrahlung in den linken Arm, Oberbauch, Hals und Rücken keine Zeit verlieren, sondern sofort Rettungsdienst und Notarzt verständigen. Jederzeit kann nämlich ein Herz-Kreislauf-Stillstand eintreten.
Was kann man als Laie in einem solchen Fall tun?
Seidel: Wenn diese Situation eintritt, darf man auch als Laie nicht zögern, bis zum Eintreffen professioneller Hilfe Wiederbelebungsmaßnahmen einzuleiten. Das heißt: auf jeden Fall eine Herz-Druck-Massage und möglichst auch Atemspende. Solche Maßnahmen können zum Beispiel bei Erste-Hilfe-Kursen des Roten Kreuzes aufgefrischt werden. Wenn sie nicht innerhalb von vier Minuten eingeleitet werden, ist eine Wiederbelebung nur noch in fünf Prozent der Fälle erfolgreich. Im Krankenhaus dagegen verlassen etwa 20 Prozent der dort wiederbelebten Patienten das Hospital ohne bleibende Schäden. Je früher der Patient im Hospital ist, desto größer sind die Chancen, die Schäden am Herzmuskel gering zu halten.
Worauf sollten Risikogruppen wie Stressgeplagte, Raucher oder Übergewichtige besonders achten?
Seidel: Erste Alaramzeichen treten in der Regel bei körperlicher Belastung auf. Dann sollte in jedem Fall der Arzt aufgesucht werden, um sich gründlich untersuchen zu lassen, damit gar nicht erst der Ernstfall eintritt. Um es nochmal zu betonen: Wenn dieser Ernstfall doch eintritt, darf nicht gezögert werden, den Rettungsdienst zu verständigen also nicht etwa am Abend den nächsten Morgen oder am Wochenende den Montag abwarten!
Inzwischen bekommen immer mehr Frauen einen Herzinfarkt woran liegt das?
Seidel: Pro Jahr sind es im Schnitt 130 000. Zunehmend erleiden auch jüngere Frauen einen Infarkt. Dies wird vor allem auch bei der Risiko-Kombination Rauchen und Pille festgestellt, ganz abgesehen von dem hinlänglich bekannten Thrombose- und Lungenembolie-Risiko. Hinzu kommt, dass bei Frauen die Infarkt-Symptome oftmals weniger offensichtlich sind. Sie haben vorher mitunter nicht einmal Brustschmerzen, sondern leiden beispielsweise an Atemnot, Übelkeit und Erbrechen. Interview der Woche