Memmingen: "Dr Aufstand muass vo unda komma"

20. Januar 2009 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung

Konzert I - Die Vivid Curls bringen ihre Botschaften barfuß und auf Allgäuerisch unters Volk

Der Klang einer Akustikgitarre und flackerndes Kerzenlicht im Halbdunkel - im Kaminwerk herrscht an diesem Samstagabend eine lauschige Atmosphäre. Werner K von der dreiköpfigen Begleitband stimmt die gut 200 Besucher mit seiner spanischen Gitarre auf den Abend ein. Vivid Curls - lebendige Locken - nennen sich die zwei Frauen, auf die das Publikum wartet. Es will die Rock- und Popsongs der gebürtigen Wiggensbacherinnen hören, die etwas Besonderes haben: ihre Texte sind in Mundart geschrieben.

Schon wie sie auf der Bühne stehen, barfuß, mit langen, dunklen Locken, üben Irene Schindele und Inka Kuchler eine faszinierende Wirkung aus. Wenn sie dann zu singen anfangen, läuft es manchem Zuhörer kalt über den Rücken.

Letztes Jahr haben die beiden ihr erstes Album mit dem Titel "Allgäu" veröffentlicht. Die Lieder handeln vom Leben, von Geburt, vom Tod und davon, "dass dia Liabe manchmal sakrisch wea duat".

Ihr neues Album, das nächsten Monat erscheint, ist gesellschaftskritischer. Einen Vorgeschmack darauf geben die Vivid Curls unter anderem mit dem Lied "In Gottes Nama". Es geht darin um die Kriege und grausamen Gewalttaten, die in Gottes Namen begangen werden - sie finden, "jetzt wär es Zeit, was zum dua". "Gnuag Zeit verlora" hat die Gesellschaft ihrer Meinung nach auch in Sachen Umweltschutz, was sie in "dr Aufstand muass vo unda komma" deutlich sagen.

Dialekt klingt sexy

Natürlich singen die beiden Frauen nicht grundlos auf Allgäuerisch: "Es lohnt sich" hieße eines der Lieder auf Hochdeutsch, im Dialekt lautet der Titel "s isch derwert" - "und das klingt schon sexy", stellt Inka Kuchler lachend fest. Aber nicht nur der Oberallgäuer Dialekt, auch Englisch, Spanisch und eine Mundharmonika - gespielt von Inka Kuchler - sind Teil ihrer Musik.

Mitten im Konzert verabschiedet sich dann die Band für einige Zeit. Und die Vivid Curls spielen so, wie sie vor sechs Jahren auf einer Dachterrasse begonnen haben: zu zweit. In Kuchlers allererstem selbst geschriebenem Lied geht es um die Sprachlosigkeit, um das, was sie sieht, hört oder auch selbst tut - "Loss for Words" heißt der Titel, den sie dann anstimmen.

Neben ihren eigenen Liedern covern die Sängerinnen aber auch Stücke. In ihrem Repertoire finden sich Klassiker wie "Like the way I do" von Melissa Etheridge oder kritische Lieder wie "Dear, Mr. President" von Pink.

Schon nach den einzelnen Songs gibt es immer wieder begeisterten Applaus - die Konzertbesucher würden die Frauen, die "im tiefsten Herzen Allgäuer sind", am liebsten gar nicht gehen lassen. Doch es ist bald Mitternacht, inzwischen sind die Kerzen erloschen, die letzten Takte verklungen, es ist Zeit für ein "machts es guat" zum Abschied.