Während seine Kollegen gestern aus Protest die Arbeit niederlegten, kümmerte sich der Hals-Nasen-Ohrenarzt Wolfgang Frei aus Kempten um die Notfälle. Allein am Vormittag kamen rund 40 Patienten unter anderem mit Nasenbluten oder akuten Ohrenschmerzen. "Normalerweise behandle ich zwischen 20 und 25 Patienten in dieser Zeit", sagte Frei.
Rund 80 Prozent Facharzt-Praxen im Allgäu blieben nach Angaben der Mediziner gestern geschlossen. Sie protestierten bei der überregionalen Aktion gegen die Gesundheitspolitik. Für die Notfallversorgung haben die Ärzte teilweise selbst einen Notdienst eingerichtet und auf die Ambulanzen der umliegenden Krankenhäuser oder auf den ärztlichen Bereitschaftsdienst verwiesen.
Bei Letzterem stand gestern das Telefon nicht mehr still. 400 Anrufen gingen allein zwischen 8 und 13 Uhr beim ärztlichen Bereitschaftsdienst ein. "Das sind doppelt so viele wie an anderen Dienstagen", sagte Susanne Weckmann von der kassenärztlichen Vereinigung Bayern. In den Ambulanzen der Krankenhäuser in Kempten, Memmingen, Marktoberdorf und Kaufbeuren ging gestern dagegen alles seinen gewohnten Gang. Vom Facharzt-Protest sei nichts zu spüren, sagte der Geschäftsführer der Kliniken Kempten-Oberallgäu Michael Schuler.
"Ein Patient war da, der einem Augenarzt brauchte und ein anderer wollte zu einem Neurologen. Das war alles." Weshalb haben nur wenige Patienten ärztliche Hilfe in den Ambulanzen gesucht? "Es war sehr lange angekündigt. Die Menschen werden sich darauf eingestellt haben und eben morgen zum Arzt gehen", vermutet Simone Schmid, Sprecherin der Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren. Auch, dass Fachärzte weniger akute Notfälle behandeln wie etwa die Hausärzte, könnte laut Schmid eine Rolle spielen. Dem stimmt auch Christine Rumbucher von den Klinken Kempten-Oberallgäu zu: "Notfälle bei Fachärzten gibt es eher in Ausnahmefällen etwa bei HNO-Ärzten." Auch das Wetter könnte ihrer Meinung nach eine Rolle gespielt haben.