von Josef Hölzle|Baumgärtle/UnterallgäuIn diesen Tagen spendet in vielen Gemeinden des Unterallgäus ein Bischof das Sakrament der Firmung, der aus dem brasilianischen Urwald kommt, aber eigentlich aus unserer Nachbarschaft stammt. Es ist Erwin Kräutler, der als Missions- und Indiobischof eine hohe Autorität in Brasilien und innerhalb der katholischen Kirche besitzt. Kräutler ist Vorarlberger und gehört dem Orden der 'Missionare vom Kostbaren Blut' an, der auch in Baumgärtle ein Missionshaus hat. Der Bischof war schon des Öfteren in Baumgärtle, zum Beispiel auch bei der Glockenweihe im letzten Jahr.
Kräutler ist kein Bischof, der sich abgehoben und in Purpur gekleidet von seinen Gläubigen den Ring küssen lässt. Er ist in seinem riesigen Bistum Xingu am Amazonas nicht nur ein Mann des Volkes, sondern vor allem ein Anwalt der Armen.
'Dom Erwin', wie Kräutler in Amazonien genannt wird, gehört zu jenen Bischöfen Südamerikas, die ohne Scheu die 'Option für die Armen' vertreten. Er ist bekannt für seine liebevolle Seelsorge unter den Indios und der sozialen Unterschicht und setzt sich unerschrocken für deren Rechte ein. So schuf er Geburtshäuser für indianische Mütter, da es an der Krankenversorgung überall mangelt. Für diese Ziele tritt Kräutler auch mit Nachdruck durch Vorträge und Bücher auf seinen alljährlichen Heimaturlauben in Europa ein.
Mit seiner Grundhaltung und seinem Eintreten für die Unterdrückten und Rechtlosen machte er sich natürlich bei den Herrschenden, Großgrundbesitzern und Holzbaronen verdächtig und unbeliebt. Er wurde zu einer Art Staatsfeind.
Schon 1983 wurde er von der Militärpolizei geschlagen und verhaftet, weil es sich den Protesten der armen Zuckerrohrpflanzer angeschlossen hatte. Es folgte eine große Verleumdungskampagne. Bei einem fingierten Verkehrsunfall entging er nur knapp dem Tode.
Doch Kräutler ist kein Träumer oder Revolutionär. In seinem faszinierenden Buch 'Mein Leben ist wie der Amazonas' schreibt er: 'Ich habe Leid am eigenen Leib erfahren. Viel mehr aber bin ich tagtäglich mit dem Schmerz, der Not, dem Elend, der Unterdrückung und Ausbeutung meines Volkes konfrontiert. Es dränge ihn einfach,, das Unrecht beim Namen zu nennen, auch über die Grenzen Brasiliens hinaus anzuklagen. So wird Kräutler in seinem Land seit Jahren bedroht und er steht deshalb unter ständigem Polizeischutz. Erst vor wenigen Wochen gab es wieder eine Morddrohung und es wurde bekannt, dass auf seine Ermordung ein Kopfgeld in Höhe von umgerechnet 390 000 Euro ausgesetzt wurde.
Hinter dieser Verfolgung stehen massive Interessen 'einflussreicher Politiker, Großgrundbesitzer, Landspekulanten, Energieunternehmen und Holzhändler, die sich in die Enge getrieben und ihre Interessen gefährdet sehen', schreibt Kräutler in einem Hirtenbrief.
Bitte ums Gebet
Doch Erwin Kräutler bittet zugleich um das 'solidarische Gebet für das 'Volk Gottes am Rio Xingu'. Laut einer von Radio Vatikan veröffentlichten Erklärung werde sich Dom Erwin 'aus Liebe zu den ausgegrenzten Menschen im Amazonasgebiet und aus Sorge um die 'skrupellos ausgebeutete Umwelt' trotz aller Drohungen und Empfehlungen, ihn zu eliminieren, nicht von seinem Einsatz abbringen lassen.
Pater Josef Gehrer, Superior in Baumgärtle, stammt wie Bischof Erwin aus Koblach in Vorarlberg. Er kennt ihn als Mitbruder und Freund sehr gut. Für Pater Josef stellt Bischof Erwin immer 'die Würde der menschlichen Person und die Gerechtigkeit in den Vordergrund'.
Skrupellos
Immer wieder weise Kräutler darauf hin, dass internationale Konzerne den Eingeborenen, den Landlosen und Entrechteten den Lebensraum wegnehmen, dass sie sich an ihnen und der Schöpfung durch das skrupellose Verfolgen ihrer Ziele vergehen.