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Dokument einer Vernichtung

Kaufbeuren / Szombathely

Dokument einer Vernichtung

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    Dokument einer Vernichtung
    Dokument einer Vernichtung Foto: ernst t. mader

    Einen neuen Aspekt der Kaufbeurer Partnerschaft mit Szombathely bilden die seit kurzem auf Deutsch zugänglichen Auszüge aus den Notizen des in der ungarischen Partnerstadt geborenen und in Auschwitz ermordeten Juden János Hoffmann (1895-1944). Der Blöcktacher Autor Dr. Ernst T. Mader hat das Material nun zum Teil ins Deutsche übersetzt.

    Deportation nach Auschwitz

    Der promovierte Jurist János Hoffmann, Geschäftsmann in Szombathely und Nagykanizsa, mütterlicherseits verwandt mit Heinrich Heine, kulturell ungarisch wie deutsch geprägt, beginnt 1940 ein Tagebuch. Es zeigt von innen, im materiellen wie seelischen Detail den Alltag eines jüdischen Mannes, einer jüdischen Familie, eines jüdischen Kosmos und deren allmähliche Zerstörung. Die Eintragungen enden kurz vor der deutschen Besetzung Ungarns (19. März 1944), der bald die Deportationen nach Auschwitz folgen. In die allerersten Waggons werden auch die Hoffmanns gepfercht: János, seine Mutter Regina, seine Frau Helén sowie die Kinder Sándor und Judit, die als einzige aus der Familie und der weiteren Verwandtschaft überlebt. Sie bekommt die Hefte 1945 von Nachbarn zurück, denen sie der Vater vor der Deportation anvertraut hatte.

    In einem Interview 1999 für Steven Spielbergs Shoa-Foundation erwähnte Judit Varga-Hoffmann beiläufig auch die Notizhefte ihres Vaters. In Zusammenarbeit mit der Stadt Szombathely konnten sie 2001 als Buch erscheinen.

    Mader stieß darauf vor einigen Jahren in Budapest, wo er als Lektor arbeitet, und konnte eine ungarische Kollegin für eine gemeinsame Übersetzung gewinnen. Im Internet sind Teile des Tagebuchs nun unter dem Titel "Nebelschleier" erstmals auf Deutsch im Internet zugänglich.

    Judit Varga-Hoffmanns Nachwort ergänzte die Notizen des Vaters um die ergreifende Perspektive der Tochter. Über das Jahr 1945 schreibt sie: "Ich blieb am Leben. Nur wusste ich nicht, was ich mit dem Leben anfangen sollte. Ich war achtzehn." (az)

    www.saegeblatt.blogspot.com

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