Er ist gestorben, seine Fotos auf Facebook sind noch da. Die Ortsansichten, Allgäuer Dörfer im Schnee und Bilder von Zeitungsberichten sind auf einer Zeitleiste aneinandergereiht. Es ist das digitale Abbild eines Menschenlebens – 'momentan weiß ich nicht, wie ich damit umgehen soll', sagt die Witwe.
Immer öfter bleiben nach dem Tod eines Menschen Spuren im Internet zurück. Von einem Spannungsfeld spricht der Memminger Anwalt Dr. Holger Hoffmann und rät: Am besten frühzeitig um den digitalen Nachlass kümmern.
Doch wo anfangen, wenn unklar ist, wie viele Accounts es gibt, wie viele Mailadressen, Passwörter und Zugänge zu Einkaufsplattformen? 'Ich kenne mich kaum aus, das war sein Bereich', sagt die Witwe des verstorbenen Kempteners – und steht mit diesem Problem keineswegs allein da.
Eine zu Lebzeiten erstellte Liste mit Internet-Accounts und Passwörtern hilft Hinterbliebenen, sagt Testamentsvollstrecker Hoffmann. Ähnlich sehen es Verbraucherschützer (siehe unten). Hoffmann spricht das Thema mittlerweile bei Testamentsberatungen an und erinnert sich: Erst seit fünf oder sechs Jahren beschäftigen er und andere Fachleute sich überhaupt damit.
Nachlasskontakte einrichten
Der Internetriese Facebook hat mittlerweile reagiert: Nutzer können 'Nachlasskontakte' einrichten, also Menschen angeben, die nach dem Tod über den Account und seine Inhalte verfügen dürfen. Gibt es keine solchen Kontakte, können Hinterbliebene das Konto dennoch löschen lassen – gegen Nachweise wie Sterbeurkunden, Vollmachten und Testamente, heißt es im Hilfebereich von Facebook.
Schwierig bleibt der Umgang mit digitalem Erbe trotzdem, sagt Hoffmann. Weil sich die Frage stelle, ob es im Sinn eines Verstorbenen sei, dass Chatverläufe, E-Mails und Schriftverkehr offengelegt werden, vielleicht sogar Anmeldungen für Dating-Apps und Partnerbörsen. Er rät zu einem Ordner 'im Fall meines Todes', der neben Vorsorgevollmachten und Testamentskopie eine Regelung für digitale Daten beinhalten sollte.
Gleichzeitig bleiben bei Todesfällen immer mehr Geräte wie Mobiltelefone und Tabletcomputer zurück – darauf deuten Stichproben des statistischen Landesamts darauf hin: Zwischen 2004 und 2014 stieg die Zahl der Handys in bayerischen Haushalten von rechnerisch rund einem auf 1,6.
Für Hoffmann jedenfalls steht fest: Die Sorge ums Digitale könne man Hinterbliebenen ersparen, wenn man vorsorge. Speziell, wenn über Mailkonten auch Geschäftliches und Verträge abgewickelt würden, für die nach dem Tod der Erbe zuständig wird.
Das rät die Verbraucherzentrale
Zu Lebzeiten
Verbraucher sollten sich frühzeitig um ihren digitalen Nachlass kümmern, sagt Andreas Winkler von der Kemptener Beratungsstelle der Verbraucherzentrale. Das heißt: Eine Übersicht mit allen Accounts, Benutzernamen und Passwörtern anfertigen. Die Übersicht kann zum Beispiel auf einem USB-Stick (verschlüsselt oder mit Kennwort gesichert) gespeichert werden.
Digitaler Nachlassverwalter
Verbraucher sollten eine Vertrauensperson zum digitalen Nachlassverwalter bestimmen und mit einer Vollmacht ausstatten. Darin kann geregelt werden, was mit Accounts in sozialen Netzwerken, den im Internet vorhandenen Fotos sowie Daten auf Endgeräten geschehen soll. Die Vollmacht muss handschriftlich verfasst, unterschrieben und mit Datum versehen werden und 'über den Tod hinaus' gelten.
Aktualität
Die Liste der Accounts sollte aktuell gehalten werden. Kommerzielle Anbieter Laut Verbraucherzentrale gibt es kommerzielle digitale Nachlassverwalter. Deren Sicherheit lässt sich nur schwer beurteilen. Der Rat der Verbraucherschützer: Leistungsumfang und Kosten sollten genau geprüft werden.