Reise Anselm Wißkirchen (26) und Johanna Karmann (28) aus Lindenberg starten mit Oldtimer-Lkw auf einjährige Tour nach Afrika">

Artikel: "Die Welt nicht im Flieger verpennen"

29. August 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung

Reise Anselm Wißkirchen (26) und Johanna Karmann (28) aus Lindenberg starten mit Oldtimer-Lkw auf einjährige Tour nach Afrika

Von sabrina Müller |LindenbergMontenegro, Kenia, Namibia - die Reihe der Reiseführer auf dem Regal über dem 200x140 Zentimeter großen Bett im "Dicken" von Johanna Karmann und Anselm Wißkirchen ist lang. "Dicker", das ist ihr Magirus-Deutz Merkur, ein alter Lkw, Baujahr 1963. 65 Jahre hat er auf dem Buckel und weil er"ein bissle größer ist als normal" hat ihm Johanna Karmann seinen Spitznamen verpasst.

Fünfstellige Summe angespart

Seit zwei Jahren steckt das junge Lindenberger Pärchen nahezu jeden Fitzel freie Zeit in Ausbau und Reparatur des 150-PS-starken Fahrzeugs. Nächste Woche ist es dann soweit: Die beiden erfüllen sich einen Lebentraum und starten auf große Tour durch mehr als 30 Länder. Mindestens ein Jahr Reisezeit haben sie veranschlagt und dafür Euro im fünfstelligen Bereich angespart. Allein bisher haben Karmann und Wißkirchen rund 15000 Euro in den "Dicken", Ausrüstung, Navigationsgerät, digitale Straßenkarten und sämtliches Zubehör wie Solarpaneele auf dem Dach des Lastwagens oder LED-Beleuchtung investiert.

Die meiste Zeit ihrer Reise wollen die zwei Weltenbummler in Afrika verbringen. Aber weil bekanntlich der Weg das Ziel ist, will Anselm Wißkirchen auf dem Weg dorthin zusehen, "wie sich die Welt verändert und nicht viele tausende Kilometer im Flieger verpennen". Über viele Länder habe sie vorher nichts gewusst, sagt Johanna Karmann. Es sind Länder dabei, "die man sonst nicht bereist" und deshalb ist die 28-Jährige gespannt wie es ist, wirkliche Grenzen zu überfahren. "Denn das gibts ja hier gar nicht mehr."

Im Gepäck hat das Duo vor allem eins: ganz viel Werkzeug für den "Dicken" - und Ersatz- und Verschleißteile wie Keilriemen und Anlasser. Denn auch wenn der Oldtimer mittlerweile fast generalüberholt ist: "Einen Haufen Muttern und Schrauben verliert man immer", erklärt Wißkirchen.

Vor allem, wenn der Untergrund eher holprig ist.

Ansonsten bleibt in den drei kleinen Schränken, unter den zwei Essbänken, unter dem Bett und in den zwei Metallkisten außen gerade Platz für das Nötigste. Dazu gehören zwei Garnituren gute Anziehsachen für Botschaften und Alltagskleidung - das sowohl für warme Temperaturen am Äquator als auch für den südafrikanischen Winter, "der aber nicht mit unserem zu vergleichen ist", sagt Karmann. Ein bisschen Wurst und Brot in der Dose - das reicht. "Wir sind ja nicht weg von der Zivilisation. Es gibt überall was zu kaufen", weiß Wißkirchen, der bereits mehrere Monate in Tansania/Afrika gelebt hat und AIDS-Waisen als Praktikant das Schweißen beigebracht hat.

Weil es für den Industriemechaniker und die Heilerzeihungspflegerin auf ihrer Route auch durch unsichere Gegenden geht, hat Johanna Karmann ein bisschen Angst vor menschlichen Übergriffen. "Aber sie ist nicht groß genug, um nicht loszufahren." Für ihren 26-jährigen Freund ist es im Gegensatz dazu das Unbekannt, dass den Reiz der Reise ausmacht. Und wie gefährlich etwas ist, sei letztlich immer auch eine Frage des Auftretens. "Deshalb nehmen wir auch keine Waffen zur Verteidigung mit", so Wißkirchen.

Rund 5000 Kilometer Wegstrecke liegen vor den zwei Westallgäuern, bevor sie afrikanischen Boden unter Reifen und Füßen haben. Doch bevor es soweit ist, gibt es einen ersten Zwischenstopp in Slowenien. Da wollen sie laut Karmann "erstmal ausspannen und neue Energie tanken".