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Die Vorurteile weggetanzt

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Die Vorurteile weggetanzt

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    Von Sylvia Rustler, Memmingen - Wer glaubt, dass Polizisten bieder und ernst sind, der irrt. Auf dem 16. Bürger- und Polizeifest in der Stadthalle jedenfalls feierten Ordnungshüter und Bürger gemeinsam - und sie taten dies ausgelassen. Der Ball war von der Gewerkschaft der Polizei-Kreisgruppe Unterallgäu ausgerichtet worden. Das im Alltag oft spannungsreiche Verhältnis in zwangloser Atmosphäre zu entzerren und das gegenseitige Vertrauen zu stärken sei das Ziel des Balls, so Gerd Hörger, Vorsitzender des Veranstalters. 'Naturgemäß bringt das Zusammentreffen von Bürgern und Polizei so manchen Konflikt mit sich', sagte er. Mit dem reformbedingten Stellanabbau sei das Polizeiwesen aber immer stärker auf den Bürger angewiesen. Insbesondere durch sein couragiertes Verhalten 'konnten wir in den letzten Jahren bei der Aufklärung von Straftaten ein überdurchschnittlich hohes Ergebnis erzielen', unterstrich Walter Böhm, der Leiter der Polizeidirektion Krumbach, in diesem Zusammenhang. Polizeihauptkommissar Hörger bezifferte das prozentuale Verhältnis von Bürgern zu Polizisten im Saal auf etwa 70 zu 30, und trug seinen Teil dazu bei, den Kontakt zu den Bürgern herzustellen. Er sei 'den ganzen Abend im Saal unterwegs' und kläre nicht selten über die Arbeit der Polizei auf, teilte Hörger mit. Zählte man bei die Veranstaltung vor 16 Jahren noch um die 150 Besucher, so sind es mittlerweile über 500 Gäste. Auch bei jungen Leuten ist der Ball zur festen Einrichtung geworden. So ist Studentin Juliane Chudalla 'regelrecht deprimiert', wenn ihr an diesem Tag etwas dazwischen kommt. Denn ansonsten gäbe es wenig Gelegenheiten zum Tanzen.

    Uwe Page ist ebenfalls zum Ball gekommen. In der Festschrift hat er zwei Artikel entdeckt, die ihn interessieren. Zu Hause will er sich genau durchlesen, wie man sich vor Wohnungseinbrüchen und unseriösen Urlaubs-Angeboten schützt, sagt er. Auch er glaubt, dass Bürger und Polizist in einer belasteten Beziehung stehen. 'Deshalb ist es wichtig, dass die Polizei ihr menschliches Gesicht zeigt', findet er. Auf dem Ball in Memmingen konnten die Bürger zum Beispiel schmunzelnde Polizisten beobachten, als eine Tänzerin der 'Funky Steps' in einem roten Rennfahreranzug auf einem kleinen Kinderauto durch die Halle raste; oder sie konnten zu sehen, wie einer von ihnen nach jedem Lied der jamaikanischen Sängerin Ria Hamilton begeistert durch die Finger pfiff. Vielleicht fiel ihnen sogar der italienische Polizist auf, der zu 'Let's Twist Again' die Fersen hin und her schwang. Zusammen mit seinen Kollegen aus der Memminger Partnerstadt Teramo war er an diesem Wochenende zu Gast in der Maustadt. Um mit den Beamten direkt ins Gespräch zu kommen, 'müsste man aber die Tische gemischt besetzen', merkte Elisabeth Frischmuth kritisch an. Autobahnpolizist Sascha Mauritz betonte indes, dass es weniger um das direkte Gespräch, als um den Abbau von Vorurteilen gehe. 'Viele denken, wir seien sehr ernste Menschen und hätten Spaß daran, jemandem eins rein zu würgen'. Außerdem sei eine derartige gemeinsame Veranstaltung in anderen Direktionen selten und deshalb 'ein Aushängeschild für Memmingen'. Memmingens Oberbürgermeister Dr. Ivo Holzinger sah es ähnlich. Für das gegenseitige Verständnis sei ein Ball immer noch besser 'als jede noch so perfekt organisierte Informationsveranstaltung'.

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