Giesinger Quartett mit Volksmusik der besonderen Art Von Barbara Hell Oberstaufen Saugut. Für die Giesinger Sautreiber muss diese derbe Vokabel einfach bemüht werden. Wie sonst sollte man ein Spektakel treffend beschreiben, bei dem die Sau zweieinhalb Stunden lang von musikalischen und schauspielerischen Könnern mit Phantasie, Ironie, Witz und Charme im Schweinsgalopp über die Bühne getrieben wird?Sing mer a Lied, dass die Sau si rührt, gibt Gitarrist, Sänger, Texter und Komponist Rainer Berauer im Oberstaufener Kurhaus vor nur etwa 120 Besuchern den Auftakt zu einer Hatz, die noch den Gediegensten unter dem gediegenen Publikum vom Stuhl reißt. Wer kann sich dem Charme der prallen Lebens- und Liebeslust, die sich mal herzhaft schweinisch, mal voller Humor und Ironie in jedem Lied die Bahn bricht, auch entziehen!Das Quartett sprengt Grenzen, aus Prinzip und mit Perfektion: Die der Höflichkeit (gnadenlos reitet Berauer auf dem Alter des Publikums rum und erntet fröhliches Lachen); die des guten Geschmacks (Bist scharf, Mariandl? als Tipp zur Kontaktaufnahme könnte schon deshalb funktionieren, weils so schön gradraus ist); und die der Musiktraditionen. Querfeldein wird die Sau getrieben über die Felder, in die üblicherweise Musikstile eingezäunt werden. Das Ergebnis ist ebenso originell wie originär, also ursprünglich: Ob Polka, Tango, Jodler, Rockn Roll oder Blues nichts ist den Erzmusikanten heilig, mit Begeisterung wird alles gedreht und neu verwendet, dem einen, hehren Ziel untergeordnet: A Gaudi solls sein, für die Akteure wie fürs Publikum. Gaudi, das klingt nach Volkstümelei und Musikantenstadl.
Die Gaudi freilich, die Berauer und Co. meinen, ist von anderer Art: Alles was bayerisch ist oder sein soll, ob Jodler, Preißn-Witze, Wiesn-Zeit oder dumpfer Lokalpatriotismus, wird intelligent, mit geradezu urbayerischer Hinterfotzigkeit und Spaß am kreativen Spiel ins Lächerliche gezogen. Immer hervorragend Das Ganze servieren vier Künstler, die sich in Charakter, Können, Spezialität und Ausstrahlung ausgezeichnet ergänzen. Gleichzeitig ist jede und jeder selbst ein Star. Rosl Zupfinger als Stepperin in Lederhosen, als krähende Gockel-Parodie auf ihren stolzen Mann oder als Sängerin und Musikerin am Kontrabass: immer hervorragend. Rainer Berauer als Sänger, Gitarrist und Conférencier: voller Ideen, mit robustem Charme. Fiedelius Deubel als Einpeitscher beim Hopstradio, als bestechender Teufelsgeiger mit eindeutig zweideutiger Geigenbogen-Führung: verführerisch gut. Hans Rumpel als virtuoser Akkordeonspieler und furioser Schlagzeuger, der quer durch den Saal Stuhl, Fußboden und Alu-Leiter seinen Rhythmus entringt: einfach begeisternd.