Dem aufmerksamen Betrachter werden sie beim Wandern durch die Region nicht entgehen, die bis zu vier Meter hohen, meist sehr alten, oft liebevoll restaurierten Holzkreuze, die frei in der Landschaft stehen oder an Hauswänden angebracht sind. Es sind die "Arma Christi"-Kreuze, an denen die Leidenswerkzeuge (arma, lateinisch für Waffen) Jesu angebracht sind. Diese Arma begleiteten ihn auf dem Weg zum Kreuz und am Kreuz. Und in allen vier Evangelien zur Passion werden diese Werkzeuge genannt.
Trinkgefäße am Balken
Die verschiedenen Trinkgefäße sind bei den "Arma Christi"-Kreuzen auf dem Kreuzbalken aufgereiht: der Abendmahlskelch, der Kelch am Ölberg und der Kelch für den Trunk vor der Kreuzigung. Die Dornenkrone, Zange, Hammer und die drei Nägel, mit denen Christus ans Kreuz geschlagen wurde, die Würfel, mit denen die Soldaten unter dem Kreuz um das Gewand Christi gewürfelt haben, eine Geißel und der auf eine Stange gesteckte Essigschwamm gehören ebenso zum erschütternden Kreuzmotiv. Die im oberen Teil angebrachte Uhr zeigt die Sterbestunde Jesu.
Eine besondere Rolle spielt die "Longinuslanze". Der römische Hauptmann Longinus war der christlichen Legende nach blind und wurde durch einen Blutstropfen aus der Wunde Christi wieder sehend. Der Hahn ganz oben auf dem Kreuz steht als Zeichen für den Verrat durch Petrus. Das Schweißtuch der Veronika mit dem Abdruck des "wahren Bildnisses Christi" gehört ebenfalls zu den Motiven der "Arma Christi".
Die "Arma Christi" stehen für die Passion Jesu in der Karwoche, der Feiertag "Arma Christi" fällt aber erst auf den Freitag nach "Quasimogentini", den ersten Sonntag nach Ostern. Er wurde durch Papst Innozenz IV. auf Wunsch Kaiser Karls IV. für Deutschland 1354 eingesetzt. Dieses "Festum armorum Christi" hatte eine starke Wirkung auf die Volksfrömmigkeit.
Privaten Initiativen ist es zu verdanken, dass die besonders im Alpenraum stark verbreiteten Zeugnisse der Volksfrömmigkeit bis heute noch so zahlreich erhalten sind.
In Straß bei Enzenstetten befindet sich das große "Arma Christi"-Kreuz an der Giebelseite eines Feldstadels. Am Fuß des Kreuzes befindet sich ein Gedenkstein. Karl Huber erinnert sich, dass dieser Gedenkstein wieder entfernt werden musste, "als meine Großeltern Schwierigkeiten mit den Nazis bekamen". Nach dem Krieg fand der Stein an seinen alten Platz zurück. Das Kreuz stand ursprünglich direkt an der Straße, bevor es von einem Auto vor zirka zehn Jahren schwer beschädigt wurde und an seinen heutigen Platz kam.
Auch in Roßhaupten schmückt ein Arma-Christi-Kreuz, dessen Herkunft im Dunkeln liegt, die Giebelseite eines Hauses in der Füssener Straße. Weitere Arma-Christi-Kreuze sind laut Pankraz Walk in Attlesee und in Guggenmosen zu finden. Bei einem Besuch in der Festung Ehrenberg fällt das Kreuz direkt neben der Kapelle dem Betrachter auf. Einer Überlieferung zufolge schnitzte ein Garnisonssoldat im 18. Jahrhundert die Figur des mit seinem Kreuz gestürzten Christus und stellte sie nahe der Kaserne auf. Da viele Fuhrleute hier zum Schutz vor Reisegefahren Geldopfer brachten, konnte man die hölzerne Kapelle ab 1809 durch einen Massivbau ersetzen. (sr)