Kaufbeuren (bbm). - 'Die Luft ist für Sie dünn geworden', meinte der Richter am Ende eines Strafverfahrens wegen versuchter Kindesentziehung und Nötigung zur 40-jährigen Angeklagten. Weil allerdings nicht mit Sicherheit feststand, ob die Frau im August dieses Jahres den unehelichen Sohn (9) ihres Lebensgefährten in ihr Auto hatte zerren und zum Vater bringen wollen, wurde sie aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Der Richter riet der Angeklagten dringend, sich künftig nicht mehr einzumischen und das Kind in Ruhe zu lassen. 'Ich wollte dem Jungen nichts Böses tun: Ich habe ja selbst Kinder,' hatte die Angeklagte zuvor beteuert. Sie habe den Buben seinerzeit zufällig in Kaufbeuren gesehen und angesprochen, 'weil mein Lebenspartner so leidet, dass er keinen Kontakt zu dem Kind hat.' Zunächst habe sie am fraglichen Tag eigentlich bei der Mutter des Kindes ein Schreiben abgeben wollen, in dem es um ein Umgangsrecht für ihren Lebensgefährten ging, so die Angeklagte. Weil niemand daheim war, habe sie mit Nachbarn noch kurz über den Jungen geredet und sei dann zum Arzt gefahren. Auf dem Rückweg von diesem Termin habe sie das Kind gesehen, das auf dem Heimweg von der Stadtranderholung war. Die Frau hielt am Straßenrand, stieg aus und sprach den Neunjährigen an. 'Ich fragte ihn, ob er mit seiner Mama sprechen will, dass er einmal zu uns kommen kann,' so die Angeklagte. Plötzlich sei die Stiefschwester des Kindes aufgetaucht und habe versucht, den Jungen trotz roter Fußgänger-Ampel über die Straße zu zerren, so die Angeklagte. Um ein Unglück zu verhindern, habe sie den Buben an seiner Sporttasche festgehalten. Das 14-jährige Mädchen bestätigte vor Gericht zwar ebenso wie ihr Bruder, dass die Ampel seinerzeit Rot zeigte, schilderte aber ein länger dauerndes Hin und Her. Sie habe die Sorge gehabt, dass die Frau ihren Bruder ins Auto zerren und mitnehmen könnte. Das Mädchen war seinerzeit von der Mutter losgeschickt worden, um dem Jungen entgegenzulaufen. 'Sie hat mir gesagt, sie hat ein schlechtes Gefühl,' erinnerte sich die 14-Jährige. Die Mutter erklärte in ihrer Aussage, warum sie seinerzeit so besorgt war. Schon eine Woche vor dem jetzigen Vorfall sei nämlich ihr Sohn nach Hause gekommen und habe erzählt, dass ihm eine fremde Frau Fotos gezeigt und von seinem Papa gesprochen habe. Als ihr nun Nachbarn vom Erscheinen der Frau an der Haustür berichteten, 'hatte ich nur noch Panik', so die Zeugin. Der Gedanke an eine Entführung sei ihr vor allem auch deshalb gekommen, weil ihr früherer Lebensgefährte vor Jahren im Zusammenhang mit einem anderen Sorgerechtsstreit geäußert habe, er würde in so einem Fall 'nicht lange fackeln' und mit dem Kind weggehen.
Für Richter nachvollziehbar Die Sorge der Mutter, war für den Richter jetzt durchaus nachvollziehbar. Er machte der Angeklagten im Urteil klar, dass er ihr die angeblichen Zufälle beim Treffen mit dem Jungen nicht glaubte. Wörtlich sagte der Richter: 'Wenn mir durch die Kinder ein bisschen deutlicher signalisiert worden wäre, dass der Bub ins Auto gezerrt werden sollte, wäre ich am Tatvorwurf drangeblieben.' Die Mutter hatte übrigens im Verfahren betont, dass sie prinzipiell nichts gegen ein Treffen des Jungen mit seinem Vater habe. Der Kontakt solle aber, insbesondere nach dem aktuellen Vorfall, über die Erziehungsberatungsstelle aufgenommen werden.