Oberallgäu (rf). - 60 Prozent der bayerischen Tierwelt sind in ihrem Bestand bedroht. Auch im Allgäu gelten zahlreiche Arten als gefährdet. Reinhold Faulhaber vom Bund Naturschutz Kempten-Oberallgäu stellt etliche dieser seltenen Exemplare vor. Heute: das Auerhuhn. Das Auerhuhn gehört zu den Rauhfußhühnern, so benannt nach ihren befiederten Bei-nen und stiftförmigen Horngebilden seitlich an den Zehen. Im Oberallgäu findet man diesen größten mitteleuropäischen Hühnervogel - die Männchen wiegen meist um die vier Kilogramm - nur noch in alpinen Bergwäldern und einem isolierten Vorkommen mit mehreren Brutpaaren im Eschacher und Kürnacher Wald. Im Kempter Wald ist es vor gut 30 Jahren ausgestorben. Eine Wiederbesiedelung durch die Alpenpopulation ist leider wenig wahrscheinlich, da insbesondere die Hähne sehr standorttreu sind und sich nur selten mehr als zwei Kilometer von ihren Baum- und Bodenbalzplätzen entfernen. Auerhühner sind an sehr spezielle Lebensräume angepasst. Sie brauchen störungsarme, lichte Nadelwälder, deren Kronendach nur zu etwa 50 Prozent geschlossen ist. Zudem reichliche Bodenvegetation. Ideal ist die Heidelbeere.
Sie bietet mit ihren Beeren, Knospen, Blüten und Blättern eine bedeutende Nahrungsgrundlage. Bis zum ersten Schnee stehen daneben Eichel, Buchecker, Vogelbeere und Kleintiere auf dem Speiseplan. Für die Kücken sind in den ersten Wochen Insekten, insbesondere Waldameisen und deren Puppen überlebenswichtig. Im Winter wird aus dem Bodenvogel ein Baumbewohner, der sich von Nadeln und Knospen der Kiefern, Tannen und Fichten ernährt. Während der Balz, die nicht nur im Frühjahr, sondern auch im Herbst erfolgt, legen die balztollen Hähne des öfteren ihre Scheu vor dem Menschen ab und attackieren ihn. Mit eindrucksvollen Posen und weit hörbaren Balzlauten wirbt der Auerhahn um die Gunst der Weibchen. In einem bestimmten Abschnitt seines Balzrepertoires hört er keine Geräusche, was früher bei der Jagd weidlich ausgenutzt wurde. Gar nicht so selten wird er auch von einer Birkhuhndame erhört. Das Ergebnis einer solchen Kreuzung sind Rackelhühner. Nach der Paarung legt das Auerhuhn ihre meist sieben bis acht Eier in eine versteckte Nestmulde und brütet 26 Tage. Der Nachwuchs muss die ersten drei Wochen noch viel vom Altvogel gewärmt werden, was die kleinen Nestflüchter vom Nahrungserwerb abhält und bei Kälte- und Regenperioden zu hohen Verlusten führen kann. Früher war das Auerwild den hohen Herrschaften als Jagdbeute vorbehalten. Heute ist es ganzjährig geschont. Neue Gefahr erwächst ihm durch das vermehrte Auftreten der Wildschweine. Für sein Überleben wäre es hilfreich, bei der Waldbewirtschaftung lichtere Bestände zu schaffen, Forstarbeiten an den Balzplätzen und in den Brutgebieten einzustellen und Wildschutzzäune abzubauen, die bei einem Start oft zur tödlichen Falle werden.