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Die Leute sind brav hier

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Die Leute sind brav hier

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    Trotzdem halten die 13 Polizeibeamten in Oberstaufen eine eigene Station für wichtig Von Barbara Hell Oberstaufen In Weißach hats den Herrn im mittleren Alter aus Essen erwischt und die Polizeibeamten Peter Ertl und Bernd Fuchsenthaler zücken den Block. 80 Mark sind fällig, der Autofahrer war nicht angeschnallt. Es ist das einzige Mal, dass die Polizisten auf ihrer zweieinhalbstündigen Streifenfahrt in und rund um Oberstaufen an diesem Abend kassieren. Den beiden gehts um Prävention, nicht ums Strafzettelverteilen um jeden Preis. Die Hausfrau, die im absoluten Halteverbot vor der Eisdiele parkt, während ihre Kinder sich mit der süßen Leckerei versorgen, kommt ebenso ungeschoren davon wie der Hotelhausmeister, der als Anlieger durch die Fußgängerzone fährt, obwohl es eine Alternative gibt. In klaren Worten, aber freundlich, werden die Missetäter ermahnt, sich künftig an die Straßenverkehrsordnung zu halten. Die Leute sind brav hier, wir leben in einem gesegneten Land, wo die Bürger die Haustüre nicht zusperren müssen, fasst Bernd Fuchsenthaler die Erfahrung seines 20jährigen Polizei-Daseins erst am Grenzübergang Aach, seit drei Jahren nun an der Polizeistation in Oberstaufen zusammen. Die Statistik gibt ihm recht: Liegt die Kriminalitätshäufigkeitsziffer pro 100000 Einwohner in der gesamten Polizeidirektion Kempten bei 5761, so erfreuen sich die Oberstaufener einer Quote von 4504. Nicht wenige ziehen daraus den Schluss, dass Oberstaufen mit seinen 7200 Einwohnern angesichts solch himmlischen Friedens doch auf eine eigene Polizeistation verzichten könnte.

    Eine Ansicht, der nicht nur Bernd Fuchsthaler und Peter Ertl mit Vehemenz widersprechen. Auch ihr Chef Friedel Lechner pocht, ein Jahr vor der eigenen Pensionierung, auf eine lange Zukunft der Marktgemeinde mit Polizei vor Ort: Die 13 Beamten, die das Öl für die spartanisch möblierten Räume der Polizeistation noch per Kanne aus dem Keller holen müssen, sorgten durch ihre Präsenz schließlich für die niedrige Kriminalitätsrate. Dass wir vor Ort sind, kriegen auch die Gauner mit, ist Fuchsthaler sicher. Beim wohlsituierten Oberstaufener Publikum sei das auch nötig, argumentiert Lechner: Da ist viel Geld im Spiel, die Leute haben ein hohes Sicherheitsbedürfnis, hält er Kritikern der eigenen Polizei fürs Schrothheilbad entgegen. Und beginnt zu rechnen: Über 150000 Fremde im Jahr bedeuten 12000 im Monat, zusammen mit 3600 Leuten mit Zweitwohnsitz machen das 24000 Einwohner. Für diese Zahl seien 13 Polizeibeamte eigentlich zu wenig, soll doch bayernweit ein Polizist auf 500 Personen kommen. Und welcher Immenstädter Beamte würde schon auf Anhieb eine der 180 Alphütten finden, die von den Oberstaufenern betreut werden? Schnell sind sie da, wenn etwas passiert im Umkreis von Oberstaufen, erinnern sich die Beamten an mehr oder weniger spektakuläre Einsätze wie einen Einbruch im Juweliergeschäft oder einen Beinahe-Überfall an einer Tankstelle, bei dem der Täter schon festgenommen wurde, bevor er zuschlagen konnte. Die Streifenfahrt endet um 22 Uhr, jeden Abend, danach beginnt die Nachtschicht mit einem Immenstädter und einem Oberstaufener Beamten. Peter Ertl und Bernd Fuchsenthaler haben Kurgästen den Weg erklärt, etliche Autos kontrolliert, die exklusiven Fünf-Sterne-Hotels passiert, die Fußgängerzone überprüft, kurz: Bürgernähe demonstriert. Iller: Abmeldung, markiert das Ende der Dienstfahrt, gefunkt an die Einsatzzentrale Kempten. Hoffentlich gilt das nie für die eigene Polizeistation, wünschen sich die Beamten.

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