Im Weltcup gut dabei, aber nicht gut genug für Olympia: Allgäuer Snowboarder schauen etwas betrübt nach Salt Lake City Kempten (twß). Wenn in diesen Tagen die besten Snowboarder der Welt in Salt Lake City nicht nur eine große Party feiern, sondern so ganz nebenbei auch noch um olympische Medaillen kämpfen, dann schauen die besten Allgäuer Brettlfahrer vermutlich etwas betrübt über den großen Teich via TV. Allzu gerne wären auch sie dabei gewesen. Allzu gerne hätten auch sie olympischen Schnee unter ihrem Brett gespürt anstatt nun zweit- oder drittklassige Rennen in Berchtesgaden oder Kranjska Gora zu fahren. Aber die Norm, bei FIS-Weltcup-Rennen zweimal unter die Top 16 oder einmal unter die Top 8 zu kommen, hat keiner von ihnen erfüllt. 'Die Leistungsdichte ist auch im Snowboard mittlerweile absolut brutal', sagt Sven Unger, einer der drei Spitzen-Snowboarder aus dem Allgäu. Marcus Poschenrieder (25) aus Kempten war noch am nächsten dran, seine Kunststückchen in der Halfpipe von Salt Lake City vorführen zu dürfen. Im Oktober vergangenen Jahres hatten er und seine Kollegen im Kaunertal in Österreich nämlich die Chance, einen dritten Startplatz für den deutschen Verband herauszufahren. Mit einer Top-Platzierung gelang dies Poschenrieder zwar auch, aber Vinzenz Lüps aus Utting war an diesem Tag noch besser. 'Damit war Olympia für mich abgehakt', gibt sich Poschenrieder sportlich fair. Dass nun Daniel Tyrkas seinem 'Kumpel' Vinzenz die Olympia-Teilnahme streitig macht, ärgert Poschenrieder. 'Schlimm, wie da hintenrum gemauschelt wird'. Trotz verpasstem Olympia-Ticket ist Poschenrieder mit dem bisherigen Saisonverlauf 'mehr als zufrieden' zumal er derzeit an der Berufsoberschule sein Abitur nachholt. Ein 17. Platz in der Halfpipe von Kreischberg und ein Europacup-Sieg beim 'Big Air' (Sprungwettbewerb) in Bad Gastein stehen zu Buche. An Olympia 2006 verschwendet Poschenrieder keinen Gedanken. Wichtig ist ihm sein Abitur und die kommenden Weltcup-Wettbewerbe: 'In der Halfpipe würde ich gerne unter die Top 25 der Welt kommen.'Sven Unger (27) aus Wertach hat das Pech, dass seine Spezialdisziplin Boardercross vermutlich erst in vier Jahren olympisch wird. Beim Verfolgungsrennen mit Hindernissen und Sprüngen hätte er in dieser Saison nämlich mit den Weltcup-Plätzen vier (in Sestriere), zehn (Bad Gastein) und elf (Kreischberg) die Olympia-Norm locker erfüllt. In den anderen Disziplinen, klagt Unger, sei es ein 'verdammt schwieriger Weg in die Weltspitze.' Bei vielen kleinen Europacup- und FIS-Rennen müsse man Punkte sammeln, um dann im Weltcup ordentliche Startplätze zu bekommen. Dabei hat Unger in dieser Saison einen wahren Marathon hinter sich.
Seit Ende Oktober bestritt er schon 22 Rennen. Auch ein Podest-Platz sprang dabei heraus: In Sappada (Italien) gewann er den Europacup-Riesenslalom. Mit Markus Ebner und Matthias Behounek, meint Unger, würden schon die zwei besten Fahrer den DSV bei Olympia vertreten. 'Ich drück natürlich allen Deutschen da drüben die Daumen.' Nächte vor dem Fernseher wird Unger aber nicht verbringen. 'Ich würde mich auch für Jan Michaelis aus München freuen, wenn er gut abschneidet. Das ist nämlich ein Netter. Aber sonst werde ich mich auf meine nächsten Rennen konzentrieren.'Nicht wie Poschenrieder und Unger für den Internationalen Skiverband FIS, sondern für den Internationalen Snowboard-Verband ISF startet Christian Settele (29) aus Oberstaufen. Das Kriegsbeil zwischen den Verbänden sei zwar längst begraben, dennoch ist ein Olympia-Ticket für einen ISF-Fahrer nahezu unmöglich. Settele ist zwar amtierender Deutscher Riesenslalom-Meister und wird in dieser Disziplin auch in der aktuellen ISF-Rangliste als deutsche Nummer eins geführt, doch Salt Lake City war eigentlich nie ein Thema. 'Um die Punkte einzufahren, müsste man bei den Europacup-Rennen ständig bei Null anfangen und außerdem ständig gut Wetter bei den FIS-Funktionären machen.' Das wollte Settele nicht. Stattdessen konzentrierte er sich auf die ISF-Weltcup-Rennen, von denen bislang erst zwei stattfanden. Und bei denen lief es alles andere als gut: in Leysin brach das Brett, in Kreischberg steht ein 34. Platz in Setteles Ergebnis-Listen. Entmutigen läßt sich der Oberstaufener aber nicht. Bei den Weltcups in Japan, den USA und Laax will er voll angreifen. Und ganz nebenbei bringt Settele eine eigene Kollektion einer Münchener Trachtenfirma auf den Markt. Das schaffen selbst die wenigsten Olympia-Teilnehmer. Christian Settele. Marcus Poschenrieder. Sven Unger.