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Die frischen Landschaften des Kohlrabi-Apostel-Schülers

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Die frischen Landschaften des Kohlrabi-Apostel-Schülers

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    Von Gunther le Maire|OberstaufenNur wenigen ist Fritz Heinrich Obermeyer bekannt, obwohl er sein Leben lang freischaffender Künstler war, 41 Jahre in Oberstaufen lebte und recht unkomplizierte, temperamentvolle, zeitgerechte Landschaften malte. Seine Frau begründete die Anfänge des Bekleidungshandelsunternehmens Obermeyer in Oberstaufen.

    Geboren wurde der Maler am 11. Juni 1880 in Weinsberg bei Heilbronn. Sein Vater war Weingärtner und die Mutter starb 14 Tage nach seiner Geburt. In der Volksschule fand er einen nachsichtigen Lehrer, wenn er statt Rechenaufgaben einen Räuberhauptmann und einen Zigeunerwagen mit Gefolge ins Heft malte.

    Stipendium in Berlin

    Obermeyer lernte Dekorationsmaler bei dem späteren Hofmaler Bader in Heilbronn und Theatermaler in Heidelberg und zog dann, 17-jährig, als Geselle durch die Lande, durch Deutschland, Österreich, Schweiz, Holland und England, ständig aquarellierend. Mit 22 Jahren machte er einen Fußmarsch von Bregenz nach Rom und weiter nach Neapel und Capri. Die Studien dieser Wanderung brachten ihm später ein Stipendium in Berlin ein. Zwei Jahre blieb er in Italien. Auf Capri wohnte und lernte er ein halbes Jahr bei Karl Wilhelm Diefenbach (1851 -1913), einem Vegetarier und Weltverbesserer im Apostelgewand und mit weißem wallenden Bart, der 'Kohlrabi-Apostel' von Schwabing, Lehrer des Malers Fidus (Hugo Höppener). Die dramatischen Bilder Diefenbachs ('Sphinx in Brandung' oder 'Capri bei stürmischem Wetter' etc.) kann man heute noch in Capri besichtigen, seinen 68 Meter langen Scherenschnittfries 'Per aspera ad astra' im Museum in Hadamar (Hessen).

    Skizzen aus dem Zoo

    Ab 1902 lebte Obermeyer mehr schlecht als recht als frei studierender und freischaffender Künstler in Berlin, heiratete 1918 Mina Pinkus, zog mit ihr nach Ostpreußen, dann 1923 nach Ried bei Lindenberg, 1926 von dort nach Kalzhofen und 1930 nach Oberstaufen. Letzterer Umzug ist wohl wegen des besseren Standortes für das Textilgeschäft vorgenommen worden. Im Dritten Reich stand Obermeyer zu seiner Frau, die Jüdin war, so wie seine Frau immer zu ihm stand und von seinem Können überzeugt war.

    In jungen Jahren hatte Obermeyer Postkarten mit lustigen Motiven vertrieben, in den 40er Jahren verkaufte er Landschaftspostkarten. Aus seiner Berliner Zeit sind viele Skizzen aus dem Zoo vorhanden, figurativ wurde er selten, meist malte er Landschaften oder Blumenstücke. Mit fast 70 Jahren gab er einen Zyklus von 13 gedruckten südlichen Motiven heraus und mit 75 bestieg er zum ersten Mal ein Flugzeug, um einmal mehr nach Italien und Capri zu gelangen. Er verkaufte durchaus - an Privatleute -, aber zum Leben für die Familie hätte es nicht gereicht.

    Für das Bekleidungsgeschäft machte er Werbung in Gedichtform, die ankam. Er betrieb ein kleines bisschen Landwirtschaft mit einem Stall voll Ziegen und mit einem Pferd, mit Gemüsebeeten und einem Blumengarten. Zeitweise hatte er auch Rehe und viele Vögel. Er war ein begeisterter Reiter und durfte bei keinem Umzug in Oberstaufen fehlen. Seinen Freund, den berühmten gleichaltrigen Schriftsteller Waldemar Bonsels, der am Starnberger See wohnte, besuchte er meist zu Pferde.

    Obermeyer war ein ausgeglichener, sonniger, heiterer, beweglicher, romantischer, fränkischer Unterländerschwabe. Während er in jungen Jahren schlichte, farbig reduzierte Bilder bevorzugte, sind seine späteren Werke frisch und klar aufgebaut im Stil der vom Expressionismus herkommenden Realisten. Obermeyer starb am 7. Januar 1967 in Oberstaufen. 2008 wird in Oberstaufen eine Ausstellung seiner Werke stattfinden.

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