Von Silvia Reich-Recla |Obertallgäu/OstallgäuIn modernen Bauernhöfen liegen die Kühe im Laufstall auf Gummimatten. Ihre Hinterlassenschaften werden durch einen Spaltenboden geschoben. Eine Einstreu ist überflüssig, findet höchstens noch in Kälberboxen Verwendung. Doch im Allgäu hat ein Umdenken eingesetzt: Streumaterial wir wieder hoffähig. Deshalb unterstützen die Landschaftspflegeverbände Ostallgäu und Oberallgäu/Kempten das allgäuweite Projekt "Streubörse". Das wurde gestern beim Streuwiesentag im Rottachmoor (Oy-Mittelberg) vorgestellt.
Dabei gehen Naturschutz und Landwirtschaft Hand in Hand. Stefan Pscherer vom Landesamt für Umwelt wies auf wissenschaftliche Untersuchungen hin, die ein "erfolgreiches wirtschaftliches Arbeiten mit Einstreu" belegten. Zugleich seien die Streuwiesenlandschaften im Alpenvorland "naturschutzfachlich von europaweiter Bedeutung". Sie zeichneten sich vor allem durch Artenreichtum und hohes Wasserspeichervermögen aus. "Blütenreiche Magerwiesen gehören zum Image der Urlaubslandschaft Allgäu", betonten unisono Günther Riegel von der Regierung von Schwaben und der Oberallgäuer Landrat Gebhard Kaiser.
Werden die Streuwiesen aber nicht einmal jährlich gemäht, dann verbuschen sie. Seit Jahren bezuschusst das Landwirtschaftsministerium deshalb Bauern, die ihre Feuchtwiesen mit großem Aufwand mähen. Denn mit einem normalen Traktor ist meist kein Durchkommen auf dem feuchten Untergrund. Wies mit Spezialmaschinen klappt, demonstrierten Mitarbeiter der Firma "Agro-Service".
"Wir brauchen die Landwirte als starke Partner in der Landschaftspflege", betonte Pfrontens Bürgermeister Josef Zeislmeier, Vorsitzender des Ostallgäuer Landschaftspflegeverbands. Da ergäben sich für manchen Betriebsleiter zusätzliche Einkommensmöglichkeiten. Ziel sei, "Streu als Strohersatz und marktfähiges Produkt zu etablieren".
Die Streubörse, so Zeislmeier, sei im regionalen Entwicklungskonzept Ostallgäu verankert als Teil der Moorallianz. Er hofft, genauso wie Peter Freytag, der dem Landschaftspflegeverband Oberallgäu vorsteht, "Akzente in der Pflege von Streuwiesen zu setzen".

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Und was sagen die Praktiker? Gerhard Gehring aus Unterjoch nutzt die Mahd seiner fünf Hektar Streuwiesen schon seit langem als "Einstreu fürs Jungvieh". Stroh habe er noch nie einkaufen müssen, sagt der 38-Jährige. Wer vermehrt Einstreu benutze, habe weniger Gülle und mehr Festmist. Das wiederum sei eine "sinnvolle Alternative, funktioniere im Grünland gut".