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Die Bärbele fegen alles weg

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Die Bärbele fegen alles weg

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    Besonders junge Burschen müssen sich in acht nehmen. Von Veronika Krull Sonthofen Am 3. oder 4. Dezember treten sie meist scharenweise im Oberallgäu auf. Sie tragen lange Röcke und wollene Jacken, oft Kopftücher, manchmal eine Maske, aber immer eine Ruten. Die seltsamen Gestalten, von weitem harmlose Großmütterchen in etwas altmodischer Tracht, entpuppen sich bei näherem Hinsehen als überaus flinke junge Frauen, die erbarmungslos zuschlagen können. Eingeweihte wissen es längst: Die 'Bärbele' treiben wieder ihr Unwesen.

    Alljährlich am Barbaratag verkleiden sich junge Frauen etwa in Sonthofen und ziehen rutenschwingend durch die Straßen. Wer sich ihnen in den Weg stellt, muss damit rechnen, dass ihm mit den Weidenzweigen eins übergebraten wird. Besonders gefährdet: junge Burschen, die sich natürlich einen Spaß daraus machen, die Bärbele zu provozieren. In Sonthofen kontrolliert der 'aufsichtführende' Klausenverein die Ruten: Sie dürfen nur aus Weide bestehen und mit Gummi und nicht etwa mit Draht umwickelt sein. Auch die Zeiten sind genau festgelegt: Die Bärbele, dürfen lediglich von 20 bis 22 Uhr durch die Straßen springen.

    Über die Wurzeln dieses Treibens kursieren unterschiedliche Theorien: Während die einen die Anfänge 20, 30 Jahre zurückdatieren, sehen andere den Ursprung in der Keltenzeit. Ein über 80-jähriger Sonthofer gibt den Ersten Weltkrieg als Auslöser an: Damals hätten die Frauen in vielen Fällen die Rolle der Männer übernommen, so auch im traditionellen Klausentreiben. Vermutet wird auch ein Zusammenhang mit dem alten Brauch, am Nikolaustag die Patenkinder zu beschenken. Da aber am 5. und 6. Dezember die Klausen unterwegs waren, gingen die 'Dettle' ­ in der Regel Frauen ­ schon am Barbaratag zu den Kindern. Eine andere Theorie besagt, dass im Zeitalter der Gleichberechtigung die jungen Frauen das Rutenschlagen nicht länger nur den Klausen überlassen wollten.

    Für einen älteren Ursprung spricht die Überlieferung, dass früher unverheiratete Frauen am Abend vor Barbara mit Reisigbesen symbolisch den Unrat zu jeder Türe hinausfegten. Auf der Straße kehrten die Bärbele weiter. Noch im vergangenen Jahrhundert habe sich zu dieser Zeit niemand auf die Straße getraut ­ die Bärbele hätten auf alles so lange eingeschlagen, bis es am Boden lag und weggefegt werden konnte. Heute tragen die Zuschauer höchstens ein paar rotverfärbte Striemen davon ein spürbares Andenken für mehrere Tage.

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