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Diamantene: 60 dunkelrote Rosen und ein verliebter Blick

Wiggensbach

Diamantene: 60 dunkelrote Rosen und ein verliebter Blick

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    Vor sechs Jahrzehnten gaben sich Brunhilde und Fritz Englisch das Ja-Wort. Und sie sind sich heute noch einig, was sie sich für die Zukunft wünschen: "Solange wie möglich zusammen sein können."

    Wo beginnt diese Liebes- und Lebensgeschichte? Der 83-jährige Ehemann lächelt und erinnert sich, dass er an einem Sommerabend im Jahre 1947 zum Tanzen ins Gasthaus "Hehle" an der Duracher Straße ging, sich auf den ersten Blick in eine dunkellockige Schöne verliebte und mit ihr durch die Nacht tanzte. Was Fritz Englisch seinem Schwarm Brunhilde schamhaft verschwieg, erzählt er heute mit Humor: "Meine Schuhe waren Vaters Leihgaben, weil ich keine eigenen besaß und meinen dunklen Sonntagsanzug hatte Mutter - gottlob - aus der Heimat mitgenommen."

    Diese Heimat hieß Sudetenland.

    Und dass seine dunkelhaarige Tanzfreundin die gleiche Heimat hatte, den gleichen Dialekt sprach und - wie seine eigene Familie als Heimatvertriebene in Kempten eine zweite Heimat gefunden hatte, "das alles hat uns wohl noch mehr verbunden", sinniert Fritz Englisch. Brunhilde Englisch nickt dazu. Viel sprechen mag sie nicht mehr, seit einigen Jahren leidet die 83-Jährige an Demenz. Die Erzählungen aus der gemeinsamen Jugendzeit zaubern ihr jedoch immer wieder ein leises Lächeln ins Gesicht.

    "Am 3. Juni 1949 hatte Petrus eine Wettermischung aus Wind, Wolken und Sonnenschein für uns bestellt, aber wir waren im siebten Himmel an unserem Hochzeitstag", weiß Ehemann Fritz noch gut und auch, dass die kirchliche Hochzeit in einer Kapelle (im Kindergarten an der Ludwigstraße) stattfand, weil das junge Paar die erforderlichen Gebühren für eine "große" Hochzeit in der Maria Himmelfahrtskirche nicht aufbringen konnte.

    Umso größer sei ihre Freude darüber gewesen, dass sie als frischgebackenes Ehepaar das Anrecht auf einen gemeinsamen Wohnraum hatten, dass Fritz Englisch wieder Arbeit in seinem erlernten Beruf als Schlosser in der nahen Folienfabrik fand und seine Meisterprüfung machen konnte.

    Im Jahre 1950 wurde ihr Sohn Rudolf geboren, und weil seine Ehefrau bald schon wieder in Schichtwechsel in der Spinnerei und Weberei Kottern arbeitete, um zum Auskommen der Familie beizutragen, waren Eltern und Verwandte oft als Betreuer hochwillkommen, erzählt der 83-jährige Ehemann und fügt hinzu: "Wir haben ja mit nichts angefangen in der Nachkriegszeit."

    Doch sein Berufsbarometer zeigte stetig nach oben: Vom Betriebsleiter zum eigenen kleinen Betrieb bis zum Mittelstandsbetrieb und zur Firmengründung der EK Pack Folienherstellung in Ermengerst führte der Weg. Seit 1976 wohnt Familie Englisch in Wiggensbach und musste 1992 eine persönliche Katastrophe erleben, als Sohn Rudolf - Juniorchef und begeisterter Sportflieger - tödlich abstürzte. Seither lebt das Ehepaar sehr zurückgezogen. Das Fest der Diamanthochzeit jedoch wurde groß gefeiert. Im Laufe des Tages klingelte gestern auch Landrat Gebhard Kaiser als langjähriger Freund an der Haustüre und gratulierte dem Jubelpaar zu einer Liebes- und Lebensgeschichte, die vor sechs Jahrzehnten begann.

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